Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Auswärtstätigkeit: Erhöhung der Verpflegungspauschbeträge
  • Auswärtstätigkeit: Neuer Übernachtungspauschbetrag für Berufskraftfahrer
  • Sachbezüge: Einschränkung von begünstigten Arbeitgeberleistungen
  • Außergewöhnliche Belastungen: Unterhaltszahlungen im Januar leisten
  • Familienheim: Übertragung an Kinder nach Erbfall steuerschädlich
  • GoBD: Neue Richtlinien für die digitale Buchführung liegen vor

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Januar 2020

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Jahre 2016 ist das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens verabschiedet worden, dessen einzelne Bestimmungen nach und nach in Kraft getreten sind. Eines der Kernelemente des Gesetzes ist die Abkehr von der Belegvorlagepflicht zu einer reinen -vorhaltepflicht. Im Klartext: Der Steuererklärung müssen nicht mehr aller erforderlichen Belege beigefügt werden. Bis auf wenige Ausnahmen soll es ausreichen, wenn der Steuerbürger die Belege zunächst zuhause aufbewahrt und nur auf Verlangen des Finanzamts nachreicht.

Aber in Deutschland können wir nicht über unseren Schatten springen. Es würde unserem Wesen widersprechen, wenn wir die Vereinfachung ohne ausführliche Bestimmungen, ohne umfassende Klärung von Zweifelsfragen und ohne Ausnahmen hinnehmen würden. Um dem Ganzen "eins drauf zu setzen" ist die Finanzverwaltung Ländersache, so dass sich jedes einzelnen Bundesland - ja mitunter jede einzelne Oberfinanzdirektion - aufgerufen sieht, spezielle Bestimmungen zur Belegvorhaltepflicht zu erlassen.

Dazu ein Beispiel: In einem Schreiben der Thüringer Landesfinanzdirektion vom 27.4.2018 heißt es unter anderem: "Die Thüringer Steuerverwaltung empfiehlt im Unterschied zu einzelnen anderen Bundesländern nicht, dass mit der Steuererklärung grundsätzlich und immer auf die Einreichung jeglicher Belege verzichtet werden soll." Im Klartext: Es gibt Bundesländer, die die Belegvorhaltepflicht anders handhaben als Thüringen. Oder provokanter ausgedrückt: Die Thüringer Finanzverwaltung beansprucht eine Sonderrolle.

Schön finde ich auch einen Satz aus den "Empfehlungen zur Belegvorlage für Steuererklärungen ab VZ 2017" des Bayerischen Landesamts für Steuern: "Reichen Sie Belege - bis zur Möglichkeit einer digitalen Belegübermittlung - in Papierform ein. Zur schnelleren Abwicklung von Beleganforderungen erscheint es jedoch sinnvoll, dass steuerliche Berater die bei der Erstellung der Erklärung vorhandenen Belege bereits heute in elektronischer Form vorhalten." Im Klartext: Die Finanzverwaltung will keine Arbeit haben. Ob die Lohnsteuerhilfevereine und Berater diese haben, ist der Finanzverwaltung gleichgültig.

Die Belegvorhaltepflicht stört die Abläufe in den Beratungsstellen und Steuerkanzleien. Natürlich können die Belege unmittelbar nach Erstellung der Steuererklärung an die Mandanten zurückgegeben werden. Fordert das Finanzamt sie dann aber doch an, müssen sie wieder vom Mandanten vorbeigebracht werden. Also behilft man sich oftmals damit, die Belege in der Beratungsstelle oder Kanzlei liegen zu lassen, bis der Bescheid vorliegt. Oder man scannt sie gleich ein, um auf sie jederzeit zugreifen zu können. Letztlich handhabt dies jeder anders und ist doch verunsichert.

Aber auch die Steuerbürger selbst müssen "taktisch" vorgehen. Das heißt: Muss derjenige, der Belege mitsendet, befürchten, dass sein Fall intensiver geprüft wird als andere Fälle? Oder ist das genaue Gegenteil der Fall? Jedenfalls wird die Einreichung von Belegen vielfach dazu führen, dass Steuerveranlagungen in der Finanzverwaltung "per Hand" geprüft werden.

In der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 18/7457 S. 49 ff.) heißt es übrigens zur Belegevorhaltepflicht: "Dies vermindert den Aufwand der Steuererklärung auf Seiten der Steuerpflichtigen." Ein bedeutender Satz, doch ich halte es mit Goethes Faust: "Die Botschaft hör´ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube."

Natürlich verstehe ich, dass die Finanzverwaltung Steuererklärungen prüfen und im Einzelfall auch Belege sehen möchte, den ansonsten wäre der "kreativen Steuerminderung" Tür und Tor geöffnet. Aber es muss bessere Mittel und Wege geben, um das Belegwesen zu vereinfachen. Eine Möglichkeit wäre die digitale Übermittlung der Belege. Die Finanzverwaltung soll sich dann aussuchen, welche Belege sie einsehen möchte. Es kann im Jahre 2020 keine technische Herausforderung darstellen, einen solchen Belegaustausch zu installieren. Es wäre aber auch schon viel gewonnen, wenn es wenigstens bundeseinheitliche Bestimmungen zur Belegvorhaltepflicht geben würde.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Auswärtstätigkeit:
Erhöhung der Verpflegungspauschbeträge

Bei beruflichen Auswärtstätigkeiten und bei doppelter Haushaltsführung können Verpflegungspauschbeträge als Werbungskosten abgesetzt werden. Deren Höhe richtet sich nach der Abwesenheitsdauer von der ersten Tätigkeitsstätte und der Wohnung. Seit 2014 gibt es nur noch zwei Verpflegungspauschbeträge (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG).

Im Gegensatz zu Fahrt-, Übernachtungs- und Reisenebenkosten werden Verpflegungspauschbeträge bei längerfristigen Auswärtstätigkeiten stets nur für die ersten drei Monate an derselben Tätigkeitsstätte berücksichtigt.

AKTUELL werden ab dem 1.1.2020 die Verpflegungspauschbeträge angehoben, und zwar in Deutschland um 4 EUR bzw. um 2 EUR (§ 9 Abs. 4a Satz 3 EStG, geändert durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

So hoch ist der Verpflegungspauschbetrag

Abwesenheitsdauer

2014 bis 2019

ab 1.1.2020

- 24 Stunden

- 8 - 24 Stunden

- weniger als 8 Stunden

24 EUR

12 EUR

kein Pauschbetrag

28 EUR

14 EUR

kein Pauschbetrag

- für den An- und Abreisetag jeweils

unabhängig von der Abwesenheitsdauer

generell 12 EUR

generell 14 EUR

Weitere Informationen: Auswärtstätigkeit ab 2014: Was Sie als Reisekosten absetzen können

 

2. Auswärtstätigkeit:
Neuer Übernachtungspauschbetrag für Berufskraftfahrer

Berufskraftfahrer, die in der Schlafkabine ihres Lkw übernachten, können keine Übernachtungspauschbeträge geltend machen. Gleichwohl entstehen ihnen Aufwendungen für die Benutzung der sanitären Einrichtungen auf Raststätten (Dusche, Toilette) sowie für die Reinigung der Schlafkabine im Lkw (Bettwäsche). Derartige Ausgaben können sie als Reisenebenkosten in geschätzter Höhe steuerlich absetzen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet bekommen (BMF-Schreiben vom 4.12.2012, BStBl. 2012 I S. 1249; BFH-Urteil vom 28.3.2012, VI R 48/11).

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 eine neue Reisepauschale für Berufskraftfahrer eingeführt: Sie können eine Übernachtungspauschale in Höhe von 8 EUR pro Kalendertag als Werbungskosten absetzen - und zwar zusätzlich zum "normalen" Verpflegungspauschbetrag. Dies gilt für

  • den An- oder Abreisetag sowie
  • jeden Kalendertag mit einer Abwesenheit von 24 Stunden im Rahmen einer Auswärtstätigkeit im In- oder Ausland (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG, eingefügt durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

Die Übernachtungspauschale von 8 EUR wird für jeden Kalendertag berücksichtigt, an dem der Arbeitnehmer einen Verpflegungspauschbetrag für Auswärtstätigkeit beanspruchen könnte.

  • Der Ansatz dieser Pauschale erfolgt anstelle der tatsächlichen Mehraufwendungen. Wird der neue Pauschbetrag geltend gemacht, ist die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen unbeachtlich. Es müssen nur dem Grunde nach tatsächliche Aufwendungen entstanden sein.
  • Es können auch höhere Aufwendungen als die 8 EUR nachgewiesen und geltend gemacht werden (z.B. auf der Grundlage des BMF-Schreibens vom 4.12.2012, BStBl. 2012 I S. 1249). Die Entscheidung, die tatsächlichen Mehraufwendungen oder den gesetzlichen Pauschbetrag geltend zu machen, kann nur einheitlich im Kalenderjahr erfolgen.
  • Üblicherweise handelt es sich bei den Mehraufwendungen um Aufwendungen, die bei anderen Arbeitnehmern mit Übernachtung anlässlich einer beruflichen Auswärtstätigkeit, typischerweise in den als Werbungskosten abziehbaren Übernachtungskosten mit enthalten sind. Als Aufwendungen kommen daher in Betracht:
    • Gebühren für die Benutzung der sanitären Einrichtungen (Toiletten, Dusch- oder Waschgelegenheiten)
      auf Raststätten und Autohöfen,
    • Park- oder Abstellgebühren auf Raststätten und Autohöfen,
    • Aufwendungen für die Reinigung der eigenen Schlafkabine.
  • Der Arbeitgeber kann Erstattungen einheitlich im Kalenderjahr entweder bis zur Höhe der nachgewiesenen tatsächlichen Mehraufwendungen oder bis zur Höhe des neuen Pauschbetrages steuerfrei leisten.
  • Die neue Übernachtungspauschale gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für selbstständige Berufskraftfahrer (§ 4 Abs. 10 EStG).

STEUERRAT: Wollen Sie einen höheren Betrag geltend machen, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Notieren Sie alle Auslagen für einen repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten. Daraus können Sie dann den täglichen Kostenbetrag ermitteln und diesen auch künftig zugrunde legen, solange sich die Verhältnisse nicht wesentlich ändern. Nicht zu den Auslagen gehören die Wertbons, die Sie auf Einkäufe anrechnen lassen (BMF-Schreiben vom 4.12.2012).

Beispiel:

Ein Lkw-Fahrer hat seine tatsächlichen Aufwendungen für drei Monate notiert:

- Oktober:

- November:

- Dezember:

20 Tage

22 Tage

14 Tage

200 EUR

240 EUR

180 EUR

Insgesamt

Durchschnittswert

56 Tage

620 EUR : 56 Tage = 11,07 EUR

540 EUR

Fazit: Der Lkw-Fahrer kann ganzjährig eine Übernachtungspauschale von 11 EUR geltend machen.

Weitere Informationen: Auswärtstätigkeit ab 2014: Was Sie als Reisekosten absetzen können

 

3. Fahrten zur Arbeit und mehr:
Freifahrtberechtigung für Soldaten

Mit einer besonderen Geste will die Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer den Soldaten für ihren Dienst "Respekt und Dank" zollen und zugleich die Sichtbarkeit der Bundeswehr in der Öffentlichkeit erhöhen. Und zu diesem Zweck gibt es einen Deal zwischen Bundesverteidigungs-, Verkehrs- und Finanzministerium zugunsten der Soldaten.

AKTUELL dürfen ab dem 1.1.2020 aktive Soldaten und Soldatinnen in Uniform alle Züge der Deutschen Bahn im Fern- und Regionalverkehr für dienstliche und private Fahrten kostenfrei nutzen. Die kostenlose Fahrt gilt für die 2. Klasse. Sitzplatzreservierung oder Upgrade in die 1. Klasse ist möglich, aber auf eigene Rechnung. Die Bahn bekommt von der Bundeswehr eine pauschale Vergütung (BMVg-Weisung vom 13.11.2019).

STEUERRAT: Trotz Freifahrten können die Soldaten ihre Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten absetzen.

Für die kostenlosen Fahrten in Uniform zeichnen sich bislang folgende Details ab:

  • Soldaten in Uniform können die Fernverbindungen der Deutschen Bahn, den DB-Regionalverkehr sowie die privaten Eisenbahnen als Zubringer zu DB-Fernverbindungen kostenlos für Privatfahrten nutzen. Da die "DB Regio" nur 30 Prozent der Strecken im Regionalverkehr abdeckt, will das Verteidigungsministerium Anfang 2020 mit gut 70, meist kleinen Unternehmen ebenfalls Verträge abschließen.
  • An den geltenden Regelungen zur Durchführung und Abrechnung von Dienstreisen oder Heimfahrten nach der Trennungsgeldverordnung ändert sich nichts.
  • Die Soldaten müssen für die Freifahrten ihre Uniform tragen. Welche, ist genau geregelt: Wenn sie von der Kaserne oder vom Einsatz kommen, dann können sie in Flecktarn-Uniform oder im Bordgefechtsanzug der Marine die Heimreise antreten. Für Privatfahrten ist jedoch der Dienstanzug vorgeschrieben. Der Truppenausweis ist mitzuführen und dem Bahnpersonal auf Verlangen vorzuzeigen.
  • Zur Nutzung einer Zugverbindung ist für jede Einzelfahrt ein gültiges Fahrticket ("Null-Euro-Ticket") erforderlich. Das Ticket muss über einen speziellen Zugang im Buchungssystem der Bahn AG gebucht werden. Das Ticket ist personengebunden, nicht übertragbar und umfasst keine Mitnahmeberechtigung.
  • Die Buchung soll nicht auf bestimmte Züge beschränkt sein. Grundsätzlich sieht die Vereinbarung mit der Bahn nach Angaben aus dem Ministerium vor, dass alle Verbindungen genutzt werden können, für die ein sog. Flexi-Ticket buchbar ist - aber eben mit Zugbindung.
  • Zum Verhalten der Soldaten: Das Bundesverteidigungsministerium schreibt vor, dass sich die Soldaten in Uniform bei den Freifahrten "ihrer besonderen Vorbildfunktion und der Wohlverhaltenspflicht bewusst sein müssen". Von ihnen werde "zudem stets eine aktive Hilfsbereitschaft in allgemeinen Lebenslagen erwartet". Die Soldaten verfügen bei Privatfahrten in Uniform über keine besonderen hoheitlichen oder rechtlichen Befugnisse, sondern lediglich über die sog. "Jedermannsrechte".

 

4. Sachbezüge:
Einschränkung von begünstigten Arbeitgeberleistungen

Sachbezüge vom Arbeitgeber sind als Arbeitslohn steuerpflichtig. Für Waren und Dienstleistungen, die der Arbeitgeber herstellt oder erbringt, profitieren die Mitarbeiter von dem Personalrabatt-Freibetrag von 1.080 EUR im Jahr. Für andere Wohltaten gibt es eine weitere interessante Steuervergünstigung: die kleine Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR pro Monat (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).

  • Der Bundesfinanzhof hatte im Jahre 2010 in mehreren Urteilen den Begriff des "Sachlohns" wesentlich ausgeweitet (BFH-Urteile vom 11.11.2010, VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 40/10, VI R 41/10): Ob Barlohn oder Sachbezug vorliegt, entscheidet sich danach, was der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zugesagt hat: Geld oder eine Sache. Dann spielt es keine Rolle, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Mitarbeiter den zugesagten Vorteil verschafft. In Betracht kommen: Hingabe eines Warengutscheins, Übergabe eines Geldgutscheins zum Erwerb von Waren, Zahlung eines Geldbetrages zum Erwerb von Waren, Kostenerstattung nach Erwerb von Waren.
  • Diese großzügige Auslegung von "Sachlohn", der bis zu 44 EUR monatlich steuer- und sozialversicherungsfrei gewährt werden kann, ist dem Gesetzgeber ein Dorn im Auge. Mit einer gesetzlichen Änderung soll der Begriff des Sachbezugs in Abgrenzung zum Begriff der Geldleistung nun eingeschränkt werden, um damit mehr Rechtssicherheit zu schaffen.

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 im Gesetz festgeschrieben, dass zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen sind. Diese sind nicht mittels kleiner Sachbezugsfreigrenze begünstigt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG, geändert durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

STEUERRAT: Weiterhin gilt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Gutscheine und Geldkarten gewähren kann. Diese gelten als Sachbezug, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG). Damit diese aber auch bis 44 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben, ist nun erforderlich, dass sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Damit soll der steuerliche Vorteil insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).

Gutscheine und Geldkarten sind ein flexibles Mittel der Sachzuwendung im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze und gerade in der heutigen digitalen Zeit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern weit verbreitet. Sie ermöglichen dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer unbürokratisch Waren oder Dienstleistungen zuzuwenden. Als "Sachbezug" müssen Gutscheine und Geldkarten künftig zweckbestimmt sein und keine Funktion als Zahlungsdienst haben. Hierzu gehören

  • Closed-Loop-Karten (z.B. aufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel). Closed-Loop-Karten berechtigen, Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins zu beziehen.
  • Controlled-Loop-Karten (z.B. Centergutschein, "City-Cards"). Controlled-Loop-Karten berechtigen, Waren oder Dienstleistungen nicht nur beim Aussteller, sondern bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen zu beziehen. In dieser Form sollen speziell kleine und mittelständische Unternehmen vor Ort gefördert werden.

Open-Loop-Karten: Nicht als "Sachbezug", sondern als "Barlohn" bzw. Geldleistung gelten hingegen Geldkarten, die als Geldsurrogate im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können. Als Geldleistung zu behandeln sollen daher insbesondere bestimmte Geldkarten sein, die über eine Barauszahlungsfunktion oder über eine eigene IBAN verfügen, die für Überweisungen (z.B. PayPal) oder für den Erwerb von Devisen (z.B. Pfund, US-Dollar, Franken) verwendet sowie als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.

Weitere Informationen: Sachbezüge bis 44 Euro monatlich

 

5. Midijob:
Geänderte Berechnung im Übergangsbereich bis 1.300 Euro

Bei Überschreiten der Minijob-Grenze von 450 EUR monatlich besteht Versicherungspflicht in der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung. Doch seit dem 1.7.2019 werden im neuen Übergangsbereich bis 1.300 EUR (Midijob) die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet. Diese wird nach einer komplizierten Berechnungsformel ermittelt (§ 20 Abs. 2 SGB IV).

Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die reduzierten Rentenversicherungsbeiträge nicht mehr zu geringeren Rentenleistungen führen. Sie brauchen die Beiträge also - anders als vor dem 1.7.2019 - nicht mehr aus eigenen Mitteln auf den AN-Anteil von 9,3 % aufzustocken (§ 70 Abs. 1a SGB VI und § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2c SGB IV, eingefügt durch das "RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz" vom 28.11.2018).

Die ermäßigte Bemessungsgrundlage wird seit dem 1.7.2019 nach folgender Berechnungsformel ermittelt (§ 163 Abs. 10 SGB VI):

F x 450 + (

1 300

./.

450

x F ) x (AE ./. 450)

(1 300 - 450)

(1 300 - 450)

Wie berechnet sich der Faktor F?

Wesentlicher Parameter der Formel ist der "Faktor F", der sich an der Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags orientiert. Der Faktor errechnet sich, indem der Wert von 30 % (das ist die Pauschalabgabe für Minijobs) durch den durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungs-Beitragssatz dividiert und dann auf vier Dezimalstellen gerundet wird. Der Gesamtsozialversicherungs-Beitragssatz ergibt sich aus der Summe der Beitragssätze zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung (§ 163 Abs. 10 SGB VI).

Für die Berechnung des Faktor F wird mit dem "durchschnittlichen" KV-Zusatzbeitragssatz gerechnet, der im Jahre 2020 von 0,9 % auf 1,1 % angehoben wird. Bei der Beitragsberechnung in der Gleitzone wird hingegen mit dem "kassenindividuellen" KV-Zusatzbeitrag des Arbeitnehmers gerechnet. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wird vom Gesundheitsministerium bis zum 1. November festgesetzt. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wird von 2,5 % auf 2,4 % herabgesetzt. Der Faktor F beträgt im Jahre 2020 somit 0,7547 (30 : 39,75).

HINWEIS:

Beitrag zur...

2019

2020

 

Rentenversicherung

Pflegeversicherung

Arbeitslosenversicherung

Krankenversicherung

- Durchschnittlicher Zusatzbeitrag

18,6 %

3,05 %

2,5 %

14,6 %

0,9 %

18,6 %

3,05 %

2,4 %

 14,6 %

1,1 %

 

 

Gesamt-Beitragssatz

 Faktor = (0,30 : Beitragssatz)

39,65 %

0,7566

39,75 %

 0,7547

Löst man die o.g. Berechnungsformel auf, erhält man folgende vereinfachte Gleitzonenformel:

So lautet die vereinfachte Gleitzonenformel

2019:

- bis 30.6.2019: Ermäßigte Bemessungsgrundlage = Arbeitsentgelt x 1,273825 - 232,75125

- ab 1.7.2019: Ermäßigte Bemessungsgrundlage = Arbeitsentgelt x 1,1288588 - 167,51647

2020: Ermäßigte Bemessungsgrundlage = Arbeitsentgelt x 1,1298647 - 168,82412

Weitere Informationen: Midijob: Niedriglohn-Beschäftigung im Übergangsbereich ab Juli 2019

 

6. Mahlzeiten- und Unterkunftsgestellung im Rahmen der 24-Stunden-Pflege

Manche Pflegedienste bieten ihren Kunden auch eine 24-Stunden-Pflege an. Dabei betreut ein Arbeitnehmer des Pflegedienstes die Kundin bzw. den Kunden über einen längeren Zeitraum in dessen Häuslichkeit. Der Arbeitnehmer wohnt während dieser Zeit im Haushalt der Kundin bzw. des Kunden und erhält dort freie Unterkunft und Verpflegung. Es ist arbeitsvertraglich geregelt, dass der Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft (gemeinsames Wohnen und Wirtschaften) mit der zu pflegenden Person zu leben hat. Wie aber ist dieser Vorteil für die Pflegeperson steuerlich zu werten?

AKTUELL bestimmt die Finanzverwaltung, dass der Vorteil der freien Unterkunft und Verpflegung für die Pflegeperson aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Pflegedienstes gewährt wird. Durch die Besonderheiten einer 24-Stunden-Pflege ist es aus Arbeitgebersicht zwingend erforderlich, dass der Arbeitnehmer gemeinsam mit der zu pflegenden Person wohnt und auch dort verpflegt wird. Deshalb ist der vermeintliche "Vorteil" für den Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei (FinMin. Mecklenburg-Vorpommern vom 26.9.2019, IV 301-S 2334-00000-2010/006-015).

Grundsätzlich gilt: Wird dem Arbeitnehmer während einer beruflichen Tätigkeit außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte vom Arbeitgeber oder auf dessen Veranlassung von einem Dritten eine Mahlzeit zur Verfügung gestellt, ist diese Mahlzeit mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung anzusetzen, wenn der Preis für die Mahlzeit 60 EUR nicht übersteigt.

STEUERRAT: Sofern Arbeitgeber bislang anders verfahren sind, dürfte eine Korrektur im laufenden Jahr noch zulässig sein. Jahre, für die eine Lohnsteuerbescheinigung bereits elektronisch übertragen wurde, dürften nicht änderbar sein. Es besteht allerdings im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung die Möglichkeit, bislang erfasste geldwerte Vorteile von der Besteuerung auszunehmen (Minderung des steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohnes).

 

7. Verdienst:
Erhöhung des Mindestlohns zum 1.1.2020

Seit 2015 gilt branchenunabhängig ein Mindestlohn. Zum 1.1.2019 wurde er auf 9,19 EUR angehoben. Zum 1.1.2020 erfolgt weitere Erhöhung auf 9,35 EUR. Die Steigerung orientiert sich an der allgemeinen Lohnentwicklung (Mindestlohnanpassungsverordnung). Der Mindestlohn soll verhindern, dass Arbeitnehmer zu Löhnen beschäftigt werden, die unangemessen sind und den elementaren Gerechtigkeitsanforderungen nicht genügen.

Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer - außer für Langzeitarbeitslose nach einer Arbeitsaufnahme in den ersten sechs Monaten. Auch für Azubis, Menschen mit Pflichtpraktikum oder Praktika unter drei Monaten gilt er nicht. Nach der Reform des Berufsbildungsgesetzes erhalten Azubis allerdings einen Mindestlohn von monatlich 515 EUR im ersten Ausbildungsjahr. Dies gilt erstmals für Azubis, die ihre Berufsausbildung im Jahr 2020 beginnen.

Aufgepasst Minijobber: Mit dem Mindestlohn wurde indirekt eine Höchstarbeitszeit bzw. Maximalstundenzahl eingeführt. Arbeiten Minijobber über diese Stundengrenze hinaus, wird die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Bei einem Stundenlohn von bisher 9,19 EUR (2019) betrug die zulässige Höchstarbeitszeit rund 49 Stunden pro Monat. Aufgrund des erhöhten Stundenlohnes im Jahre 2020 sinkt die Höchstarbeitszeit auf rund 48 Stunden (450 EUR : 9,35 EUR = 48,13 Stunden). Das ist 1 Stunde weniger als bisher! Unternehmer, die Minijobber beschäftigen, sollten prüfen, ob ab Januar 2020 die Entgeltgrenze bei diesen Mitarbeitern überschritten wird. Ist dies der Fall und soll der Mitarbeiter weiterhin als Minijobber beschäftigt werden, müssen zwangsläufig die Arbeitsstunden reduziert werden. Die Anhebung des Stundenlohns kann ohne Überprüfung bzw. Anpassung der Arbeitszeit dazu führen, dass der sozialversicherungsfreie Minijob in Gefahr gerät.

STEUERRAT: Die Grenze von 48 Stunden pro Monat ist allerdings nur dann zutreffend, wenn der Mitarbeiter keine Sonderzuwendungen (wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Prämien) erhält. Denn für die Rückrechnung vom Verdienst auf die Stundenzahl muss der gesamte Arbeitslohn im Jahr zugrunde gelegt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende Sonderzuwendung auch für die Berechnung des Mindestlohns miteinbezogen werden darf.

 

8. Verdienst:
Sind Langzeitvergütungsmodelle steuerbegünstigt?

Erhalten Arbeitnehmer eine Vergütung für mehrere Jahre zusammengeballt in einem Jahr ausgezahlt, so frisst die Steuerprogression einen ganz beträchtlichen Teil davon auf. Erfreulicherweise gibt es aber in diesem Fall die Steuervergünstigung nach der so genannten Fünftel-Regelung, das heißt, die Vergütung wird zumindest ein Stück weit tarifermäßigt besteuert. Zahlungen gelten dann als eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, wenn sich die entsprechende Arbeit über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfasst (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

Einen interessanten Fall hatte nun das Hessische Finanzgericht zu entscheiden: Es ging um so genannte Langzeitvergütungsmodelle. Diese werden mit Führungskräften vereinbart, deren Leistung nicht nur für ein Jahr bewertet und entlohnt werden soll, sondern die - wie es der Name sagt - vielmehr über einen längeren Zeitraum bemessen wird. Die Vergütung wird erst am Ende des Bemessungszeitraums in einer Summe ausgezahlt. Damit sollen "Mitnahmeeffekte" vermieden werden, wie es sie im großen Stil vor der Bankenkrise gegeben hat.

AKTUELL hat das Hessische FG entschieden, dass Zahlungen des Arbeitgebers aus einem Langzeitvergütungsmodell (Long Term Incentive Modell - LTI) tarifbegünstigt sind, wenn die jeweilige zusammengeballte Zahlung durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt ist (Urteil vom 11.4.2019, 6 K 306/18).

  • Der Fall: Es ging um eine Aktiengesellschaft, die bestimmten Führungskräften seit dem Jahr 2010 jährlich die Teilnahme an einem LTI anbot. Abhängig von der Entwicklung des Geschäftserfolges und der Kapitalkosten innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen vier Jahren erhalten die betreffenden Beschäftigten eine entsprechende Vergütung, und zwar nach Ablauf des so genannten "Performancezeitraumes." Hinzu kam ein "Lückenfüller"-Programm, um zu vermeiden, dass es durch die Einführung des neuen Modells vorübergehend keinerlei Auszahlungen an Mitarbeiter gab. Der Arbeitgeber sieht in den Zahlungen des LTI eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, die der Fünftel-Regelung unterliegt und bekam vor dem FG grundsätzlich Recht.
  • Begründung: Die Zahlungen erfolgten zweckbestimmt für die Tätigkeit der jeweiligen Berechtigten in einem mehrjährigen Zeitraum, der im konkreten Fall vier Jahre umfasste. Ebenso wie bei Aktienoptionsprogrammen handelt es sich bei diesem Vergütungsmodell um eine zusätzliche besondere Erfolgsmotivation für die Zukunft. Die Einkünfte sind zudem "außerordentlich." Die Zusammenballung der Entlohnung ist schließlich durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt, denn die Klägerin reagierte mit der Einführung des LTI auf geänderte Rahmenbedingungen, die sich etwa aus dem "Deutschen Corporate Governance Kodex" ergeben. Ob die Ausführungen auch auf das "Lückenfüller"-Programm zutreffen, könne dahinstehen.

STEUERRAT: Die Finanzverwaltung gibt sich mit der Entscheidung nicht zufrieden und hat die Revision eingelegt (Az. VI R 19/19). Betroffene sollten daher ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen, bis der Bundesfinanzhof in der obigen Sache entschieden hat.

Weitere Informationen: Die Fünftelregelung für außerordentliche Einkünfte

 

II. Privater Bereich

1. Krankenversicherung:
Doppelt versichert in gesetzlicher und privater Versicherung

Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind - nach Kürzung um vier Prozent für den Krankengeldanspruch - in tatsächlicher Höhe und unbegrenzt als Sonderausgaben absetzbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Ebenfalls in voller Höhe absetzbar sind Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung, soweit diese der Basisabsicherung dienen.

Nun die spannende Frage: Was ist steuerlich absetzbar, wenn ein zunächst privat krankenversicherter Arbeitnehmer (Beamter) ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (Angestellter) antritt und erst viel später seinen privaten Versicherungsvertrag kündigt? Was also ist absetzbar, wenn er im Ergebnis sowohl Beiträge zur gesetzlichen als auch zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zahlt?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass lediglich die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben absetzbar sind (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung werden nicht berücksichtigt, da sie zur Erlangung der Basisabsicherung angesichts des bereits bestehenden gesetzlichen Versicherungsschutzes nicht erforderlich sind (BFH-Beschluss vom 29.8.2019, X B 56/19; so bereits BFH-Urteil vom 29.11.2017, X R 5/17).

  • Nach Auffassung des BFH ist entscheidendes Kriterium für die Abziehbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ihre "Erforderlichkeit" für die Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus. Entrichtet ein in der gesetzlichen Krankenversicherung Pflichtversicherter zusätzlich Beiträge zur privaten Basis-Krankenversicherung, sind nur die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich, weil sie auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen, der sich der Steuerpflichtige nicht entziehen kann.
  • Beiträge für eine weitere Basisabsicherung durch eine private Krankenversicherung können lediglich als "weitere Versicherungsbeiträge" berücksichtigt werden, soweit der Vorsorgehöchstbetrag noch nicht mit GKV-Beiträgen ausgeschöpft ist (gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG).

STEUERRAT: Etwas anderes gilt für den Fall, dass der Ehegatte im Rahmen der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei mitversichert ist und zusätzlich noch eine private Basis-Krankenversicherung abgeschlossen hat. Hier ist der Fiskus großzügig und akzeptiert "aus verwaltungsökonomischen Gründen den Sonderausgabenabzug für die Beiträge an eine PKV als Basisabsicherung" (BMF-Schreiben vom 24.2.2017, IV C 3 - S 2221/16/10001, Tz. 83).

Falls neben einer bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung Beiträge zu einer Anwartschaftsversicherung in der PKV geleistet werden, sind sowohl die Beiträge zur GKV als auch die Beiträge zur Anwartschaftsversicherung abziehbar.

Weitere Informationen: Vorsorge: Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung

 

2. Außergewöhnliche Belastungen:
Unterhaltszahlungen im Januar leisten

Unterhaltsleistungen an Angehörige sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG absetzbar, sofern eine entsprechende Verpflichtung besteht und das eigene Einkommen und Vermögen des Unterhaltsempfängers bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Zudem gilt in 2020 ein Höchstbetrag von 9.408 EUR für die abziehbaren Leistungen. Doch die Zahlungen sollten nicht zu spät geleistet werden. Es gilt insoweit:

  • Grundsätzlich beginnt der Unterstützungszeitraum frühestens mit der ersten Unterhaltszahlung. Unterhaltsleistungen können nicht auf Monate vor ihrer Zahlung zurückbezogen werden.
  • Soweit Zahlungen nicht ausschließlich dazu bestimmt sind, den Unterhaltsbedarf des laufenden Jahres, sondern auch des folgenden Jahres abzudecken, können die gesamten Unterhaltsaufwendungen nur im Jahr der Zahlung, nicht jedoch im Folgejahr berücksichtigt werden. Dabei wird zugunsten des Steuerzahlers unterstellt, dass die Zahlung der Bedarfsdeckung bis zum Ende des Kalenderjahres der Zahlung dient (BMF-Schreiben vom 7.6.2010, BStBl. 2010 I S. 588, Tz. 8.2).

Das Finanzgericht Nürnberg hatte im Jahre 2016 gegen die Finanzverwaltung und gegen die geltende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entschieden, dass das Ende des Kalenderjahres keine starre Grenze für die berücksichtigungsfähigen Unterhaltszeiträume darstellt. So sollten auch Unterhaltszahlungen, die teilweise für das nächste Jahr bestimmt sind, bereits im Jahr der Zahlung steuerlich absetzbar sein. Daher sei bei einer Zahlung im Dezember der Unterhaltshöchstbetrag nicht auf 1/12 zu kürzen (FG Nürnberg vom 13.7.2016, 5 K 19/16). Doch der BFH hat das steuerzahlerfreundliche Urteil des FG Nürnberg bereits in 2018 kassiert und seine bisherige strenge Rechtsprechung bestätigt: Es bleibt dabei, dass Unterhaltsleistungen immer nur bis zum Jahresende steuerlich berücksichtigt werden und bei unterjähriger Zahlung zu zwölfteln sind (BFH-Urteil vom 25.4.2018, VI R 35/16).

STEUERRAT: Eine Unterhaltszahlung im Januar, die dem Unterhaltsbedarf des Unterhaltsberechtigten in den nächsten 12 Monaten zugutekommen soll, ist in vollem Umfang - begrenzt auf den Unterhaltshöchstbetrag - absetzbar. Eine Zahlung im Dezember wird jedoch nur zu 1/12 berücksichtigt. Leisten Sie Unterhaltszahlungen an Angehörige also daher am besten im Januar oder beginnen Sie mit der ersten Zahlung in diesem Monat.

Weitere Informationen: Unterhalt an bedürftige Personen: Was alles ist absetzbar?

 

III. Nebentätigkeit

1. Nebentätigkeit:
Anweisungen zur Steuerfreiheit für Übungsleiter und Ehrenamtler

Bei nebenberuflich ausgeübten Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer, Dirigent oder Chorleiter, Trainer oder Mannschaftsbetreuer usw. bleiben Vergütungen bis zu 2.400 EUR steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG) und auch sozialversicherungsfrei (§ 14 Abs. 1 SGB IV). Gleiches gilt für nebenberuflich ausgeübte künstlerische Tätigkeiten, z.B. als Organist in der Kirche, sowie für die nebenberufliche Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. Voraussetzung aber ist in allen Fällen, dass die Tätigkeit im Auftrag oder im Dienst einer gemeinnützigen Organisation oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeübt wird. Dasselbe gilt für die Ehrenamtspauschale in Höhe von 720 EUR im Jahr, die Tätigkeiten als Vereinsvorstand, Schatzmeister, Platzwart, Gerätewart oder ehrenamtlich tätige Schiedsrichter im Amateurbereich begünstigt (§ 3 Nr. 26a EStG).

AKTUELL haben die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main und das Bayerische Landesamt für Steuern zu Fragen rund um Nebentätigkeiten Stellung genommen. Die OFD Frankfurt listet insbesondere viele Einzelfälle auf und beurteilt diese steuerlich, etwa zu Ärzten im Behinderten- oder Coronarsport, zu Ferienbetreuern, Rettungskräften oder Stadt- und Museumsführern. Auch geht es um die steuerliche Einordnung von Bereitschaftsleistungen oder rein organisatorischen Arbeiten im gemeinnützigen Bereich,

Das Bayerische Landesamt für Steuern hingegen stellt zunächst die Grundsätze für die Steuerfreiheit nebenberuflicher Tätigkeiten dar, so zu deren zeitlichem Höchstumfang: Bezogen auf das Kalenderjahr darf die Tätigkeit nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs betragen. Die Ein-Drittel-Grenze ist dabei pauschalierend bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 14 Stunden (1/3 von 42 Stunden) erfüllt.

Ausführlich geht es dann in einem neu gestalteten Kapitel um den Abzug von Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Auslöser sind die Urteile des Bundesfinanzhofs vom 20.12.2017 (III R 23/15) und vom 20.11.2018 (VIII R 17/16). Nach Auffassung der obersten Finanzrichter kann ein Übungsleiter oder Ehrenamtler auch einen Verlust steuerlich geltend machen, wenn seine Aufwendungen die Einnahmen übersteigen (vgl. SteuerSparbrief Juni 2019).

Die Bayerische Finanzverwaltung weist darauf hin, dass die Urteilsgrundsätze in allen offenen Fällen allgemein anwendbar sind und stellt die neue Auffassung anhand von Beispielen dar. Hier ein leicht abgewandelter Fall:

Beispiel:
Ein Tierpfleger ist ohne Anstellungsverhältnis, das heißt selbstständig, nebenher in einem gemeinnützigen Tierheim tätig. Seine Einnahmen betragen 1.200 EUR im Jahr, seine Betriebsausgaben 1.300 EUR. Es ist wie folgt zu rechnen:

Einnahmen

1.200 EUR

abzgl. Ehrenamtspauschale

./. 720 EUR

Betriebsausgaben (soweit sie den Freibetrag, der die

Einnahmen bis max. 0 EUR mindern darf, übersteigen)

 

./. 580 EUR

Verlust

100 EUR

Liegt im o.g. Fall eine "Einkunftserzielungsabsicht" vor, wäre der Betrag von 100 EUR steuerlich abziehbar. Die Finanzämter sind aber angehalten, diese Absicht zu prüfen. Das heißt: Der Tierpfleger muss geltend machen, dass er tatsächlich ein Gewinn erzielen wollte oder erzielen will.

Hier geht es zu den Anweisungen:

 

IV. Kapitalerträge

1. Kapitaleinkünfte:
Verluste aus Termingeschäften nur begrenzt absetzbar

Früher wurde bei Verlusten aus Kapitalvermögen stets unterschieden, ob die Wertminderung in der Vermögensebene entstanden ist (dann steuerlich nicht absetzbar) oder ob sie der Ertragsebene zurechnen war (dann als Werbungskosten absetzbar). Doch im Jahre 2009 wurde die Abgeltungsteuer eingeführt, die jeglichen Vermögenszuwachs erfassen soll - und eigentlich auch Vermögensverluste steuermindernd berücksichtigen müsste.

  • Tatsächlich hat der Bundesfinanzhof seit 2012 in mehreren Urteilen bestätigt, dass durch die Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 ein Wechsel hin zu einer umfassenden Besteuerung von Vermögensänderungen stattgefunden hat. Alle diesbezüglichen Urteile des BFH enthalten die Grundaussage, dass nicht nur eine umfassende Besteuerung von Vermögenszuwächsen, sondern auch von Vermögensminderungen vorzunehmen ist.
  • Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2016 entschieden, dass die Anschaffungskosten für Optionen steuerlich auch dann zu berücksichtigen sind, wenn die Option innerhalb der Optionsfrist nicht ausgeübt wurde, sondern verfällt. Infolge der neuen Besteuerung infolge der Abgeltungsteuer ab 2009 sei jetzt nicht mehr erforderlich, dass die Gewinne aus Termingeschäften durch "Beendigung des Rechts" erzielt werden (BFH-Urteile vom 12.1.2016, IX R 48/14, IX R 49/14, IX R 50/14).

AKTUELL wird ab dem 1.1.2021 eine Begrenzung bei der Verlustverrechnung eingeführt: Künftig können Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Dabei ist die Verlustverrechnung beschränkt auf 10.000 EUR. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG, eingefügt durch das "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen").

  • Die Neuregelung gilt für Verluste, die ab dem 1.1.2021 entstehen (§ 52 Abs. 28 Satz 23 EStG).
  • Verluste aus Termingeschäften können nicht mit anderen Kapitalerträgen oder gar anderen Einkünften verrechnet werden.

Begründung des Gesetzgebers: Termingeschäfte sind durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte in wesentlichem Umfang spekulativ. Es können einerseits hohe Gewinne und andererseits der Totalverlust der Anlage eintreten. Diese Effekte treten bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß auf. Deshalb werden solche Verluste in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt, um das Investitionsvolumen und die daraus für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen zu begrenzen. Die Berücksichtigung der Verluste wird nicht generell versagt. Die Verlustnutzung wird zeitlich gestreckt und die Verluste veranlagungsübergreifend berücksichtigt.

 

2. Kapitaleinkünfte:
Verluste durch Ausfall / Ausbuchung nur begrenzt absetzbar

Gewinn oder Verlust ist der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen, und den Anschaffungskosten. Eine Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung des Eigentums auf einen Dritten (§ 20 Abs. 4 EStG). Im Gesetz ist explizit geregelt, dass als "Veräußerung" auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft gilt (§ 20 Abs. 2 Satz 2 EStG).

Mit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahre 2009 werden nicht nur Erträge (Zinsen und Dividenden), sondern auch Vermögenszuwächse des Kapitalstamms (z.B. Kursgewinne) steuerlich erfasst. Seit Jahren gibt es aber Streit über die Frage, was in den Fällen geschieht, in denen eine Aktie oder eine andere Kapitalforderung wertlos geworden ist und aus dem Depot ausgebucht wird.

  • Die Finanzverwaltung will Verluste aufgrund Forderungsausfalls nicht steuermindernd anerkennen, weil die Wertminderungen der privaten Vermögensebene und nicht der Ertragsebene zuzuordnen seien (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl 2012 I S. 953, Tz. 60).
  • Der Bundesfinanzhof hatte hingegen Wertveränderungen des Vermögensstamms, z.B. den endgültigen Ausfall einer Kapitalforderung in der privaten Vermögenssphäre, als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anerkannt (BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15). Nach Auffassung der Richter dürfen seit 2009 nicht nur Vermögenszuwächse besteuert werden, sondern es müssen generell alle Vermögensänderungen - also auch Vermögensminderungen - berücksichtigt werden.

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 eine Begrenzung für den Ausgleich von Verlusten eingeführt, die entstehen

  • aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung,
  • aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des § 20 Absatz 1 EStG,
  • aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des § 20 Absatzes 1 EStG auf einen Dritten,
  • aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 20 Absatz 1 EStG.

Solche Verluste können nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 10.000 EUR ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 EUR mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG, eingefügt durch das "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen").

  • Die Neuregelung gilt für Verluste, die ab dem 1.1.2020 entstehen (§ 52 Abs. 28 Satz 24 EStG).
  • Derartige Verluste können nur mit positiven Kapitaleinkünften und nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden.
  • Es erscheint - vor allem im Hinblick auf Kleinanleger - sachgerecht, derartige Verluste mit einem bestimmten Betrag steuerlich anzuerkennen. Die Verluste werden deshalb nicht generell versagt, sondern zeitlich gestreckt. Verluste bis zu 10.000 EUR können dabei im Jahr der Entstehung bereits vollständig mit anderen Kapitalerträgen ausgeglichen werden. Damit wird Kleinanlegern typischerweise die steuerliche Berücksichtigung der Verluste sofort gewährt.

STEUERRAT: Weiterhin sind natürlich Verluste aus Aktienverkäufen in vollem Umfang steuermindernd absetzbar, dürfen allerdings nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 4 EStG).

Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung:

Eine Kapitalforderung ist insbesondere uneinbringlich, wenn sich auf Grundlage der Gesamtumstände des Schuldverhältnisses abzeichnet, dass der Schuldner die Verbindlichkeit ganz oder teilweise nicht erfüllen wird. Die Regelung erfasst daher auch Veräußerungstatbestände, die zu Gestaltungszwecken abgewickelt werden, also insbesondere dann vorgenommen werden, wenn sich das Solvenzrisiko bereits ganz oder teilweise realisiert hat. Entsprechendes gilt für sonstige Wirtschaftsgüter im Sinne des § 20 Abs. 1 EStG.

Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter auf einen Dritten

Ein Verlust aus der "Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter auf einen Dritten" ist künftig nur noch bis 10.000 EUR pro Jahr verrechenbar. Immerhin!

  • Zum Hintergrund: In der Vergangenheit wurde häufig empfohlen, eine wertlose Aktie zu einem symbolischen Preis von nahezu 0 EUR (z.B. 0,1 Cent) zu verkaufen. Dann nämlich liege ein "Veräußerungsgeschäft" vor (gemäß § 20 Abs. 2 EStG) - und der Verlust sei mit anderen Kapitalerträgen verrechenbar.
  • Die Finanzverwaltung wollte dies lange Jahre nicht akzeptieren: Eine "Veräußerung" werde nicht akzeptiert, wenn der Veräußerungspreis niedriger ist als die Transaktionskosten (BMF-Schreiben vom 9.10.2012, BStBl. 2012 I S. 953, Tz. 59).
  • Der Bundesfinanzhof hat dann aber gegen den Fiskus entschieden, dass eine "Veräußerung" auch dann vorliegt, wenn der Veräußerungserlös die Transaktionskosten nicht übersteigt. Denn nach neuer Rechtsauffassung sei eine "Veräußerung gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert" (BFH-Urteil vom 12.6.2018, VIII R 32/16). Dies musste die Finanzverwaltung akzeptieren (BMF-Schreiben vom 10.5.2019, BStBl. 2019 I S. 464).

 

3. Freistellungsaufträge:
Zu Jahresbeginn überprüfen und neu justieren!

Mit dem Freistellungsauftrag können Sie während des Jahres selbst über Ihren Sparerpauschbetrag verfügen und bis zu dieser Höhe Ihre Kapitalerträge brutto für netto kassieren. Damit wird verhindert, dass die Banken auf Kapitalerträge die Abgeltungsteuer einbehalten, die später im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu erstatten wäre. Der Freistellungshöchstbetrag beträgt für Alleinstehende 801 EUR und für Verheiratete 1.602 EUR.

Den Freistellungshöchstbetrag können Sie auf mehrere Bankinstitute aufteilen und dementsprechend mehrere Freistellungsaufträge erteilen. Wer mehrere Freistellungsaufträge erteilt hat und diese gelegentlich abändert, verliert schnell den Überblick. Wird ein Freistellungsauftrag bei einer Bank geändert oder neu erteilt, muss meist ein anderer Freistellungsauftrag bei einer anderen Bank entsprechend angepasst werden. Zinserträge bleiben selten bei einem Kreditinstitut über Jahre konstant:

  • Gelder werden bei einer Bank aufgelöst und bei einer anderen neu angelegt.
  • Geldanlagen haben steigende Zinssätze.
  • Ab- oder aufgezinste Anlagen werden fällig.
  • Die Ertragsausschüttung eines Investmentfonds kann oftmals nur schwer prognostiziert werden.

Kontrollieren Sie jetzt Ihre Freistellungsaufträge! Prüfen Sie, bei welchen Banken Sie Freistellungsaufträge erteilt und welche Freibeträge Sie freigegeben haben. Falls Unklarheiten bestehen, erteilen Sie jedem in Betracht kommenden Institut einen neuen Freistellungsauftrag - ggf. mit dem Freistellungsbetrag von 0 EUR. Achten Sie bei der Änderung von Freistellungsaufträgen darauf, dass der Freistellungshöchstbetrag insgesamt nicht überschritten wird, denn sonst müssen Sie mit unangenehmen Fragen des Finanzamtes rechnen.

STEUERRAT: Achten Sie deshalb bei der Änderung eines Freistellungsauftrages darauf, auch die anderen Aufträge entsprechend anzupassen. Machen Sie von allen Freistellungsaufträgen eine Kopie und bewahren Sie diese auf. Notieren Sie, wann Sie welcher Bank wie viel freigegeben haben. Tragen Sie hierzu in einer Tabelle alle Zinsen und Kreditinstitute ein, teilen dementsprechend Ihren Freistellungshöchstbetrag auf und vermerken jede Änderung.

Das Formular für den Freistellungsauftrag finden Sie: hier (Rubrik Kapitalerträge)

Und hier gibt es einen Vordruck zum besseren Überblick: Freistellungsaufträge: Kontrolle und Überblick .

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Ferienwohnung:
Airbnb muss Daten nicht "auf Vorrat" herausgeben

Viele Inhaber von Ferienwohnungen oder Zweitwohnsitzen vermieten diese gerne über die Plattform Airbnb. Doch da Airbnb und ähnliche Portale einigen Gemeinden mittlerweile ein Dorn im Auge sind, wollen sie kurzfristige Vermietungen unterbinden. Damit soll der Knappheit an Wohnraum entgegengetreten werden, denn die betroffenen Wohnungen stehen nicht mehr zur Dauermiete zur Verfügung. Die Vermieter wiederum sehen sich in ihren Rechten beschnitten und fürchten um ihre Einnahmequelle. Daher klagen viele gegen die Zulässigkeit der so genannten Zweckentfremdungsverbote. Andere wiederum pochen darauf, dass Airbnb die Daten von vermittelten Wohnungen erst gar nicht an die Gemeinden herausgeben dürfe und hoffen insoweit auf Unterstützung von Airbnb selbst.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hatte entschieden, dass Airbnb die Daten zu Gastgebern von vermittelten Wohnungen an die Gemeinden quasi "auf Vorrat" herausgeben muss und damit die Klage der Airbnb Ireland UC abgewiesen (Urteil vom 12.12.2018, M 9 K 18.4553; vgl. SteuerSparbrief Mai 2019).

AKTUELL ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) der Auffassung der Vorinstanz jedoch nicht gefolgt. Die Gemeinden müssten sich auf Auskunftsersuchen im Einzelfall beschränken, was einen konkreten personen- oder objektbezogenen Anfangsverdacht für eine Zweckentfremdung voraussetze. Eine generelle und flächendeckende Datenerhebung auf Vorrat komme nicht in Betracht (BayVGH, Beschluss vom 20.8.2019, 12 ZB 19.333).

  • Der Fall: Nach dem bayerischen Zweckentfremdungsrecht ist eine Vermietung von privaten Wohnräumen länger als acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdbeherbergung genehmigungspflichtig. Dadurch soll vermieden werden, dass Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen wird. Darum hat die Landeshauptstadt München Airbnb (Irland) aufgefordert, sämtliche das Stadtgebiet betreffende Inserate, welche die zulässige Höchstvermietungsdauer überschreiten, mitzuteilen. Das Verwaltungsgericht hatte entschieden, dass Airbnb verpflichtet sei, die Identität der Gastgeber vermittelter Wohnungen preiszugeben. Der Herausgabe der personenbezogenen Daten stünden keine datenschutzrechtlichen Bedenken entgegen.
  • Dem wollte der BayVGH nicht folgen. Weder das Grundgesetz noch einfaches Bundes- oder Landesrecht gäben der Gemeinde eine Befugnis, die Rechtstreue ihrer Bürgerinnen und Bürger einer allgemeinen Kontrolle ins Blaue hinein zu unterziehen. Allein die Tatsache einer gelegentlichen, gegebenenfalls auch mehrfachen, kurz- oder auch längerfristigen Vermietung oder Gebrauchsüberlassung reiche angesichts der mannigfaltigen Möglichkeiten einer vollkommen legalen (genehmigten) Nutzung ohne das Hinzutreten weiterer, eindeutig auf eine Zweckentfremdung hinweisender Umstände regelmäßig nicht aus, die Annahme eines konkreten Anfangsverdachts zu rechtfertigen. Der BayVGH hat der Landeshauptstadt deshalb empfohlen, den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben.

HINWEIS: Dem Vernehmen nach verlangen immer mehr Staaten die Herausgabe der Daten von Airbnb. Auch wenn Airbnb in Bayern einen Etappensieg errungen hat, ist durchaus damit zu rechnen, dass Vermieter über kurz oder lang Post von den Finanzämtern im In- und Ausland erhalten. Übrigens gilt bei den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) im Hinblick auf Immobilen nicht immer das Belegenheitsprinzip. Einige DBA sehen eine Besteuerung im Wohnsitzstaat - also Deutschland - vor. Es ist mithin denkbar, dass Deutschland im Wege der Amtshilfe bereits in Kürze die Daten aus Spanien oder anderen Ländern erhalten und die Vermietungseinkünfte überprüfen wird.

 

2. Fotovoltaik:
Wegfall der Gewerbesteuer und IHK-Mitgliedschaft bei Kleinstanlagen

Der Betrieb einer Fotovoltaikanlage und der Verkauf des erzeugten Stroms werden bisher als gewerbesteuerrelevante Tätigkeit gewertet. Damit ist - auch ohne Gewerbeanmeldung - die gesetzliche Pflicht-Mitgliedschaft in der örtlichen Industrie- und Handelskammer verbunden (§ 2 Abs. 1 IHKG), auch wenn der Gewinn aus der Anlage die gewerbesteuerliche Freigrenze von 5.200 EUR im Jahr nicht überschreitet. In diesem Fall müssen allerdings keine IHK-Beiträge bezahlt werden.

Kleine Solaranlagen werden typischerweise von Eigenheimbesitzern betrieben. Dabei steht vielfach nicht die Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund, sondern vielmehr geht es um ökologische Überlegungen. Allerdings erfüllt auch der Betrieb einer solchen Anlage regelmäßig den Tatbestand des stehenden Gewerbebetriebs im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG. Dies ungeachtet des Umstands, dass diese Betriebe regelmäßig wegen des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 GewStG keine Gewerbesteuer zu zahlen haben.

AKTUELL regelt das sog. "Jahressteuergesetz 2019", dass rückwirkend ab dem 1.1.2019 Betreiber von Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung bis zu 10 KW von der Gewerbesteuer befreit sind (§ 3 Nr. 32 und § 36 Abs. 2 Satz 4 GewStG). Das bedeutet, dass sie ebenfalls von der IHK-Pflichtmitgliedschaft befreit sind (§ 2 Abs. 1 IHKG). Hiervon werden viele 100.000 Betreiber von Kleinstanlagen profitieren (eingefügt durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

Die bisherige Gewerbesteuerpflicht von Fotovoltaik-Kleinstanlagenbetreibern produzierte einen erheblichen Bürokratieaufwand durch Erklärung gegenüber der Finanzverwaltung und bei den IHKs, ohne dass es zu einer Steuerzahlung oder IHK-Beitragszahlung kommt. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu: "Zur Vermeidung der bürokratischen Folgen auf Ebene des Unternehmens und der Kammern, die eine solche Mitgliedschaft für diese Personengruppe hat, werden stehende Gewerbebetriebe, deren ausschließlicher Unternehmensgegenstand die Energiegewinnung und Vermarktung aus einer Solaranlage bis zu einer installierten Leistung von 10 KW ist, von der Gewerbesteuer befreit. Damit besteht für diese Unternehmen auch keine Kammermitgliedschaft".

 

3. Fotovoltaik:
Steuerliche Behandlung von zeitgleich eingebauten Speichern

Zunehmend werden Fotovoltaikanlagen mit Batteriespeichern (Solarspeichern) ausgerüstet, um selbst produzierte Energie noch besser nutzen zu können. Das liegt auch an der weiter sinkenden Einspeisevergütung nach dem EEG. Besitzer von Eigenheimen, die sich mit dem Gedanken tragen, einen Batteriespeicher nachzurüsten, stehen - neben der Auswahl der richtigen Systems - vor der Frage, wie der Speicher steuerlich zu behandeln ist. Zu nachträglich eingebauten Batteriespeichern kann insoweit auf den Beitrag im SteuerSparbrief Oktober 2018 verwiesen werden, der nach wie vor Gültigkeit hat. Doch was gilt bei zeitgleich eingebauten Batteriespeichern, also bei neuen Anlagen? Leider gibt es dazu keine eindeutige Antwort.

Umsatzsteuerlich gilt:

Der Batteriespeicher teilt das Schicksal der gesamten Fotovoltaikanlage - so die Auffassung der Oberfinanzdirektion Karlsruhe (Verfügung vom 13.8.2019, S 7104). Das heißt: Die Berechtigung einer Fotovoltaikanlage - und damit des Speichers - zum Vorsteuerabzug besteht grundsätzlich im Umfang der beabsichtigten unternehmerischen Verwendung der Anlage, sofern diese mindestens 10 % beträgt. Wird die Anlage dem Unternehmensvermögen vollständig zugeordnet, wird ein Vorsteuerabzug zu 100 % gewährt. Allerdings ist im Gegenzug ein Eigenverbrauch ("nichtunternehmerische Verwendung") für den privat verbrauchten Strom zu versteuern. Die Zuordnungsentscheidung treffen Sie, indem Sie die Umsatzsteuer aus den Anschaffungskosten der Anlage in der Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer abziehen, spätestens in der Jahresumsatzsteuererklärung. Die Zuordnung muss bis spätestens 31. Juli (früher galt der 31. Mai) des Folgejahres nach Anschaffung gegenüber dem Finanzamt erklärt werden.

Doch offenbar teilen nicht alle Bundesländer die Auffassung aus Baden-Württemberg. Zumindest in Nordrhein-Westfalen gilt vielmehr: Wer die Vorsteuer aus den Anschaffungskosten eines Batteriespeichers abziehen möchte, muss nachweisen, dass der Speicher unselbständiger Bestandteil der Fotovoltaikanlage ist. Dieser Nachweis wird aber wohl nur gelingen, wenn mit dem Einbau des Batteriespeichers umfassende Arbeiten einhergehen und dieser nicht ohne Weiteres wieder ausgebaut werden kann. Um als "unselbständiger Bestandteil" anerkannt zu werden, muss der Batteriespeicher vor dem Wechselrichter eingebaut werden. Es wird insoweit zumeist von "DC-Systemen" (DC = Gleichstrom) gesprochen, während Einbauten nach dem Wechselrichter üblicherweise als AC-Systeme (AC = Wechselstrom) bezeichnet werden. Handelt es sich hingegen um einen selbstständigen Bestandteil, wird unterstellt, dass dieser ausschließlich die Energie für den Eigenbedarf speichert und es gibt somit - beim Einbau in Eigenheimen - keinen Vorsteuerabzug.

Einkommensteuerlich gilt:

Wird in eine neue Fotovoltaikanlage zeitgleich mit der Errichtung ein Batteriespeicher eingebaut, so ist dieser Speicher nach der einen Auffassung ein Bestandteil des gesamten Wirtschaftsguts "Fotovoltaikanlage". Folge: Der Batteriespeicher wird üblicherweise gemeinsam mit der Fotovoltaikanlage zum Betriebsvermögen und ist über die - steuerlich unterstellte - Nutzungsdauer der Anlage von 20 Jahren abzuschreiben. So ist zumindest die oben zitierte Verfügung der OFD Karlsruhe zu interpretieren, die zwar zur Umsatzsteuer ergangen ist, aber für die Einkommensteuer gleichermaßen Bedeutung haben dürfte.

ABER: Die Frage, ob der Batteriespeicher ein selbstständiges oder ein unselbständiges Wirtschaftsgut darstellt, wird seitens der Finanzverwaltung nicht einheitlich beantwortet. So vertreten die OFD Nordrhein-Westfalen und auch die Landesfinanzverwaltung München - anders als die OFD Karlsruhe - die Auffassung, dass auch zeitgleich eingebaute Batteriespeicher üblicherweise selbstständige Wirtschaftsgüter seien. Folge: Es gibt beim Einbau in Eigenheimen keine Abschreibung, denn die gespeicherte Energie dient ausschließlich dem eigenen Bedarf, wird also sozusagen nur privat "genutzt."

Hinzuweisen ist insoweit auch auf die Broschüre des Bayerischen Landesamts für Steuern "Hilfe zu Photovoltaikanlagen" (Stand August 2015), in der es auf Seite 32, 33 heißt: "Erwerben Sie im Zusammenhang mit der Anschaffung einer Fotovoltaikanlage oder später zur Speicherung des Stroms eine Batterie, die Sie ausschließlich zur Erhöhung des Selbstverbrauchs nutzen, handelt es sich um ein selbständiges Wirtschaftsgut des notwendigen Privatvermögens. Eine Abschreibung ist in diesem Fall nicht möglich."

MEINUNG: Die unterschiedlichen Auffassungen sind ärgerlich. Zudem widerspricht die Haltung aus Bayern und Nordrhein-Westfalen einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN (BT-Drucksache 17/14413). Auf die Frage zu Punkt 19 ("Wie werden Speicher und gespeicherter Strom umsatz- und ertragsteuerlich behandelt?") lautet die Antwort: "Zusammen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Fotovoltaikanlage sind diese Aufwendungen zu aktivieren und im Wege der Absetzungen für Abnutzung über die gesamte Nutzungsdauer verteilt als Betriebsausgaben zu berücksichtigen." Es ist schon seltsam, dass der Wille der Bundesregierung in einer so wichtigen Frage missachtet wird. Es wäre wünschenswert, wenn sich das Bundesfinanzministerium oder der Gesetzgeber positionieren würden.

Der Vollständigkeit halber sei auf Folgendes hingewiesen: Theoretisch ist es auch denkbar, dass eine neue Fotovoltaikanlage insgesamt Privatvermögen darstellt und der Inhaber insoweit sozusagen mit dem Steuerrecht gar nicht in Berührung käme. Das wäre der Fall, wenn der erzeugte Strom nahezu ausschließlich privat verbraucht und nicht ins Netz eingespeist wird. Das ist heute aber noch der Ausnahmefall. Indes: Schon in Kürze könnte der Fall durchaus häufiger anzutreffen sein, denn mittels "virtuellen Speichers" (SolarCloud) soll sich der selbst erzeugte Strom das ganze Jahr über zum Eigenverbrauch nutzen lassen. Für Fotovoltaikanlagen, die vor dem 1. April 2012 in Betrieb gegangen sind, sind die obigen Ausführungen im Übrigen nicht übertragbar.

Weitere Informationen:

 

VI. Renten und Pensionen

1. Betriebsrenten:
Entlastung bei der Krankenversicherung

Seit 2004 müssen Rentner auf Betriebsrenten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung mit dem allgemeinen Beitragssatz in voller Höhe von 14,6 % zahlen (vorher nur die Hälfte). Zusätzlich ist der kassenindividuelle Zusatzbeitrag in voller Höhe zu zahlen, rund 1 bis 1,5 %. Für die gesetzliche Rente müssen Rentner nur den halben Beitragssatz zahlen. Hinzu kommt die Pflegeversicherung, ebenfalls in voller Höhe von 3,05 % plus 0,25 % für Kinderlose. Außerdem sind Beiträge auch auf Kapitalleistungen aus Direktversicherungen und Pensionskassen fällig. Hierzu wird die Kapitalleistung auf 10 Jahre verteilt und monatlich mit 1/120 als beitragspflichtige Einnahme behandelt (§ 229 SGB V). Diese Beitragspflicht gilt ohne Vertrauensschutz auch für Verträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden, und auch dann, wenn in der Ansparphase bereits Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Eine ungerechte Doppelverbeitragung!

  • Noch schlimmer: Mit dem vollen Beitragssatz zahlen die Rentner auch noch den Beitragsanteil des Arbeitgebers obendrauf - also eine Dreifachverbeitragung! Eine schlimmere Abzocke gibt es fast nicht! Sie alle müssen fast 20 Prozent ihres Ersparten wieder abgeben. Die betroffenen Rentner fühlen sich vom Gesetzgeber um die Früchte ihrer Altersvorsorge betrogen. Für sie ist dies nichts anderes als eine "kalte Enteignung" durch einen ungerechtfertigten Eingriff in ihre finanzielle Lebensplanung. Tückisch daran: Den meisten wird diese Belastung erst klar, wenn sie in den Ruhestand gehen.
  • Beitragsfrei in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bleiben nur sehr kleine Betriebsrenten und Kapitalleistungen: Im Jahr 2019 liegt diese Freigrenze im Westen bei 155,75 EUR und im Osten bei 143,50 EUR. Dies ist "ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV". Wer mehr Betriebsrente bekommt, muss auf die komplette Betriebsrente die kompletten Beiträge zahlen. Eine Kapitalzahlung wird auf 120 Monate verteilt und somit 1/120 des Kapitalbetrags als Monatsrente unterstellt. Falls nun der auf einen Monat umgelegte Anteil nicht höher ist als 1/20 der monatlichen Bezugsgröße, brauchen Sie dafür keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Beitragsfrei bleibt also ein Kapitalbetrag bis zu 18.690 EUR.

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 eine Beitragsentlastung für Bezieher von Betriebsrenten und von Kapitalleistungen der betrieblichen Altersvorsorge eingeführt. Um die Doppelverbeitragung zu mildern, wird für "Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst" die bisherige Freigrenze zu einem Freibetrag umgewandelt. Dieser beträgt im Jahre 2020 monatlich 159,25 EUR (§ 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V, eingefügt durch das "Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz)". Das bedeutet:

  • Bei Betriebsrenten und bei der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst fallen bis zu diesem Freibetrag keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mehr an.
  • Nur von dem übersteigenden Betrag müssen Rentner den vollen Beitrag zur Krankenversicherung (14,6 %) und den vollen KV-Zusatzbeitrag (je nach Kasse ca. 0,5-1,5 %) zahlen.
  • Für die Beiträge zur Pflegeversicherung ändert sich nichts, hier gilt weiterhin die "Freigrenze": Sofern die Betriebsrente mehr als 159,25 EUR beträgt, ist für die gesamte Rente der PV-Beitrag in voller Höhe zu zahlen (3,05 % plus 0,25 % für Kinderlose). Ist die Rente niedriger, ist sie beitragsfrei.
  • Die Freibetrags-Regelung gilt nur für Rentner, die in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert sind. Für die - relativ wenigen - Rentner, die im Ruhestand freiwillig gesetzlich krankenversichert sind, gilt die Neuregelung nicht. Wie bisher müssen sie von ihren vollen Versorgungsbezügen die vollen KV-Beiträge zahlen.
  • Für Betriebsrenten, die mittels Riesterförderung aufgebaut wurden, bringt die Neuregelung keine Änderung. Betriebliche Riester-Renten, wie beispielsweise "VBL extra" im öffentlichen Dienst, sind schon seit 2018 in der GKV beitragsfrei, ebenso in der Pflegeversicherung (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB IV).
  • Die Verbesserungen gelten sowohl für bestehende als auch für neue Renten. Ein Antrag ist dafür nicht erforderlich. An den Abzügen, die in der Vergangenheit vorgenommen wurden, ändert sich leider nichts. Es gibt also keine rückwirkende Beitragserstattung.

HINWEIS: Freigrenze und Freibetrag sind an die sozialversicherungsrechtliche "Bezugsgröße" gekoppelt und betragen "ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV". Diese Größe folgt in etwa der durchschnittlichen Lohnentwicklung.

So wirken der neue Freibetrag und die bisherige Freigrenze

  • Die bisherige Freigrenze gilt für "Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen" (gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 und 4 sowie Abs. 2 SGB V). Zu den "Versorgungsbezügen" zählen neben den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auch Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten, Parlamentarischen Staatssekretäre und Minister, Renten der berufsständischen Versorgungseinrichtungen sowie Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte. "Arbeitseinkommen" ist der Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit, die allerdings nicht hauptberuflich ausgeübt wird, sondern neben dem Bezug einer gesetzlichen Rente oder von Versorgungsbezügen.
  • Der neue Freibetrag ist nur auf einen Teil der Versorgungsbezüge anzuwenden, nämlich auf "Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung" (gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Er gilt nicht für andere Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind monatlich ausgezahlte Betriebsrenten sowie Kapitalauszahlungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, z.B. aus Direktversicherungen (fiktiver Bezug für zehn Jahre). Von der Gesamtsumme ist der Freibetrag abzuziehen.
  • Der neue "Freibetrag" gilt zusätzlich zur bisherigen "Freigrenze". Das bedeutet:
    • Zunächst ist zu prüfen, ob die "Freigrenze" durch Betriebsrenten, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen überschritten wird.
    • Ist dies der Fall, bleibt die Summe der monatlichen Betriebsrenten bis zur Höhe des "Freibetrags" in der Krankenversicherung beitragsfrei. Ist dies nicht der Fall, bleiben die gesamten Bezüge beitragsfrei.
    • Für Arbeitseinkommen und die anderen Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 SGB V sind Beiträge wie bisher zu zahlen, auch wenn nach Abzug des Freibetrages für Betriebsrenten das verbleibende Arbeitseinkommen und die weiteren Versorgungsbezüge die Freigrenze unterschreiten.
    • Auch bezüglich der sozialen Pflegeversicherung bleibt die bisherige Rechtslage unverändert - und es gilt weiterhin die "Freigrenze". Sofern die Betriebsrente mehr als 159,25 EUR monatlich beträgt, ist für die gesamte Rente der PV-Beitrag in voller Höhe zu zahlen (3,05 % plus 0,25 % für Kinderlose).

STEUERRAT: Eine KV-Beitragsbefreiung gibt es seit 2019 für Leistungen aus einer Direktversicherung oder Pensionskasse, wenn und soweit der Versicherte den Vertrag nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer mit eigenen Mitteln privat fortgeführt hat (§ 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, geändert durch das "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" vom 11.12.2018).

 

2. Unfallbedingte Erwerbsminderungsrente:
Ist in diesem Fall ein Rentenabschlag gerechtfertigt?

Eine Rente wegen Erwerbsminderung wird für jeden Monat der Inanspruchnahme vor Erreichen der Regelaltersgrenze gekürzt - um 0,3 Prozent pro Monat, höchstens um 10,8 Prozent. Die Frage ist, ob ein Rentenabschlag dann gerechtfertigt ist, wenn die Erwerbsminderung auf einem unverschuldeten Verkehrsunfall beruht und die Rentenkasse sich den größten Teil ihres Schadens von der Versicherung des Unfallverursachers zurückholt.

Im Jahre 2017 hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass eine vorgezogene Altersrente abschlagsfrei zu zahlen ist, wenn ein Haftpflichtversicherer dem Rententräger die vorgezogenen Rentenleistungen an den Bezieher eines vorzeitigen Altersruhegeldes sowie die unfallbedingt entgangenen Beiträge völlig ersetzt hat (BSG-Urteil vom 13.12.2017, B 13 R 13/17 R).

AKTUELL hat das Sozialgericht Münster unverständlicherweise entschieden, dass der Rentenabschlag bei einer unfallbedingten Erwerbsminderungsrente gerechtfertigt ist, auch wenn der Unfallverursacher dem Rententräger den finanziellen Schaden ersetzt hat. Soweit das Bundessozialgericht in dem Fall einer vorgezogenen Altersrente den Abschlag - nach Erstattung des Haftpflichtversicherers - für rechtswidrig erklärt habe, sei diese Rechtsprechung auf die zeitlich vorgelagerte Erwerbsminderungsrente nicht anwendbar. Eine Rentenleistung ohne Abschlag sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten (SG Münster vom 18.4.2019, S 14 R 325/18).

Der Fall: Das Opfer eines Verkehrsunfalls, das zum Zeitpunkt des unverschuldeten Unfalls 39 Jahre alt war, war aufgrund der Folgen des Unfalls auf eine Erwerbsminderungsrente angewiesen. Diese wurde wegen des frühen Bezugs um 10,8 % gekürzt, obwohl die Deutsche Rentenversicherung aufgrund eines Abfindungsvergleichs von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers 200.000 EUR erhalten hatte. Der Betroffene verlangte daher, dass die Erwerbsminderungsrente ihm abschlagsfrei gezahlt werden müsse. Doch die Richter gaben der Rentenversicherung Recht.

HINWEIS: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Verfahren wird beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen unter dem Aktenzeichen L 18 R 358/19 weitergeführt.

 

3. Versorgungswerk:
Auszahlung der Anwartschaft in Teilbeträgen nicht begünstigt

Wer bereits lange Jahre in einem berufsständischen Versorgungswerk versichert ist, hat oftmals die Möglichkeit, die erworbenen Rentenanwartschaften in Form eines Kapitalbetrags auszahlen zu lassen. Zumeist gilt dies allerdings nur für die vor 2005 entstandenen Anwartschaften, das heißt für Beträge, die vor der Systemumstellung bei der Rentenbesteuerung "erdient" worden sind. Wenn heute eine solche, vor 2005 entstandene Anwartschaft in einem Betrag ausgezahlt wird, kann die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, also die so genannte Fünftel-Regelung beansprucht werden. Doch was gilt, wenn die Auszahlung gestreckt über zwei Veranlagungszeiträume erfolgt?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Gewährung des ermäßigten Steuersatzes nicht in Betracht kommt, wenn die vor dem 1.1.2005 entstandenen Anwartschaften in zwei Teilkapitalbeträgen über zwei Veranlagungszeiträume verteilt ausgezahlt werden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn eine der beiden Zahlungen lediglich als geringfügige Zusatzleistung zu der anderen, also der Hauptzahlung angesehen werden kann (Beschluss vom 19.8.2019, X B 155/18).

  • Der Fall: Der Kläger ist Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks. Die Satzung des Versorgungswerks räumt den Mitgliedern das Wahlrecht ein, sich ihre Anwartschaften, soweit sie auf vor dem 1.1.2005 entrichteten Beiträgen beruhen, in Form eines Kapitalbetrags auszahlen zu lassen. Hiervon machte der Kläger Gebrauch. Die kapitalisierte Anwartschaft wurde ihm in zwei Teilbeträgen ausgezahlt. Im Streitjahr 2014 erhielt er 250.000 EUR, im Jahr 2016 weitere 302.615,88 EUR. Das Finanzamt setzte die Teilzahlung von 250.000 EUR im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2014 mit dem Besteuerungsanteil von 170.000 EUR an und unterwarf diesen Betrag der tariflichen Einkommensteuer. Die Klage vor dem Finanzgericht und auch die Beschwerde beim BFH blieben erfolglos.
  • Begründung: Für Sachverhalte, in denen die vor dem 1.1.2005 entstandenen Anwartschaften aus einem berufsständischen Versorgungswerk in einer einzigen Einmalzahlung abgefunden werden, ist die Begünstigung grundsätzlich zu bejahen, und zwar auch, wenn der Berechtigte anschließend noch Renten aus den weiteren Anwartschaften bezogen hat. Allerdings gilt dies nur, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem einzigen Veranlagungszeitraum zu erfassen sind. Damit scheiden Kapitalzahlungen, die über zwei Veranlagungszeiträume verteilt werden, jedenfalls dann aus dem Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG aus, wenn die eine Zahlung nicht lediglich als geringfügige Zusatzleistung zu der anderen (Haupt-)Zahlung angesehen werden kann.

Weitere Informationen: Die Fünftelregelung für außerordentliche Einkünfte

 

VII. Schenkung und Erbschaft

1. Familienheim: Übertragung an die Kinder nach dem Erbfall steuerschädlich

Die Vererbung der selbstgenutzten Wohnimmobilie (Familienheim) an den Ehegatten oder an Kinder, Stiefkinder oder Kinder verstorbener Kinder bleibt von der Erbschaftsteuer befreit - und zwar zusätzlich zu den persönlichen Steuerfreibeträgen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass der Erblasser das Familienheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft 10 Jahre lang selber zu Wohnzwecken nutzen. Fallen die Voraussetzungen innerhalb von 10 Jahren weg, entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG).

Ein häufiger Fall: Der Erbe, meist der hinterbliebene Ehegatte, nutzt das ererbte Familienheim zunächst weiter zu eigenen Wohnzwecken und überträgt es innerhalb des Zehnjahreszeitraums auf ein Kind, wobei er sich ein Wohnrecht vorbehält und das Haus tatsächlich weiterhin selbst bewohnt. Muss auch in diesem Fall die Steuerbefreiung rückgängig gemacht werden?

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim rückwirkend wegfällt, wenn der Erbe (Witwe/Witwer) das Familienheim innerhalb des Zehnjahreszeitraums auf ein Kind überträgt, obwohl er sich ein Wohnrecht vorbehält und das Haus weiterhin selber bewohnt. Denn bei Aufgabe des Eigentums durch Schenkung fällt - genau wie beim Verkauf - die Steuerbefreiung für das Familienheim weg (BFH-Urteil vom 11.7.2019, II R 38/16).

  • Der Fall: Die Witwe hat ihren Ehemann als Alleinerbin beerbt. Zum Nachlass gehört der hälftige Anteil am Familienheim, das nunmehr allein von der Witwe zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Ein Jahr später überträgt sie das Familienheim im Wege der Schenkung auf ihre Tochter unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zu ihren Gunsten, aufgrund dessen sie das Haus weiterhin zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Das Finanzamt setzt daraufhin für den Erwerb Erbschaftsteuer fest.
  • Nach Auffassung der Richter reicht es für die Steuerbefreiung nicht aus, dass die Witwe das Haus aufgrund des vorbehaltenen Wohnrechts noch weiter selber bewohnt. Zwar sei in der Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG nicht erwähnt, dass die Aufgabe der Eigentümerposition schädlich sein soll. Jedoch ergebe die Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes und unter Berücksichtigung systematischer Gesichtspunkte, dass die Steuerbefreiung nicht nur dann entfällt, wenn der Erwerber das Familienheim nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, sondern auch dann, wenn er das Eigentum daran auf Dritte - auch eigene Kinder - überträgt, unabhängig davon, ob er das Familienheim weiter selber bewohnt.

 Weitere Informationen: Erbschaft- und Schenkung: Steuervergünstigung für das Eigenheim

 

2. Vermögensübertragung:
Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks

"Undank ist der Welten Lohn" sagt der Esel in dem Märchen der Bremer Stadtmusikanten (Ludwig Bechstein, Neues deutsches Märchenbuch). Der Spruch gilt nicht nur im Märchen und daher werden Vermögensübertragungen auch gerne unter den Vorbehalt gesetzt, dass eine Schenkung zurückzugewähren ist, wenn der Beschenkte "grob undankbar" ist. In § 530 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist geregelt, dass eine Schenkung widerrufen werden kann, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht. Doch im wahren Leben ist der Nachweis des groben Undanks recht schwierig zu führen.

AKTUELL hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraussetzt. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann. Die Prüfung der subjektiven Seite setzt dabei in der Regel auch eine Auseinandersetzung mit den emotionalen Aspekten des dem Widerruf zugrunde liegenden Geschehens voraus. Hierfür kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschenkte im Affekt gehandelt hat oder ob sich sein Verhalten als geplantes, wiederholt auftretendes, von einer grundlegenden Antipathie geprägtes Vorgehen darstellt (BGH-Urteil vom 22.10.2019, X ZR 48/17).

  • Der Fall: Die Kläger verlangen von ihrem Sohn, dem Beklagten, die Rückübertragung mehrerer Grundstücke nach einem Schenkungswiderruf wegen groben Undanks. Sie übertrugen ihm im Jahre 1994 mehrere Grundstücke und Grundstücksanteile. Einige Jahre später kam es zu Streitigkeiten zwischen den Parteien. Diese gipfelten darin, dass der Sohn seinen Vater so stieß, dass dieser umfiel. Anschließend habe der Sohn den Vater sogar noch in den Schwitzkasten genommen. Allerdings entgegnete der Sohn, dass der Vater durch sein provozierendes und uneinsichtiges Verhalten zur Eskalation der Auseinandersetzung beigetragen habe. Wohl deshalb hielt der BGH eine Rückübertragung des Geschenkten - vorerst - nicht für geboten.
  • Begründung: Zwar seien die Tätlichkeiten eine schwere objektive Verfehlung. Allerdings müsse das Verhalten des Vaters, das möglicherweise zur Eskalation beigetragen habe, ebenfalls berücksichtigt werden. Zwar müsse der Sohn auch gegenüber Provokationen in gewissem Umfang Zurückhaltung und Nachsicht üben. Letztlich sei aber die Frage mitentscheidend, ob das - objektiv - unangemessene Verhalten des Sohnes auch dann als Ausdruck einer - subjektiv - undankbaren Haltung angesehen werden kann, wenn es sich als spontane, im Wesentlichen affektgesteuerte Reaktion in einer eskalierenden Auseinandersetzung darstellt, bei der der Schenker in vergleichbarer Weise zur Eskalation beigetragen hat.

Der BGH hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss die Sache unter Berücksichtigung der Ausführungen des BGH erneut prüfen. Vorsorglich weist der BGH darauf hin, dass die Vorinstanz auch neue Beweisangebote des Sohnes zu beachten hat - ein Wink mit dem Zaunpfahl, der es den Eltern wohl noch schwieriger machen dürfte, den Rückübertragungsanspruch wegen groben Undanks durchzusetzen.

 

VIII. Selbstständige

1. Umsatzsteuer:
Erhöhung der Umsatzgrenze für die Ist-Besteuerung

Grundsätzlich entsteht die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Die Umsatzsteuer ist also nach "vereinbarten Entgelten" zu berechnen (Soll-Besteuerung gemäß § 16 Abs. 1 UStG). Dabei kommt es nicht darauf an, ob Sie das Entgelt, das für die Leistung vereinbart ist, tatsächlich erhalten haben. Sie müssen also die Umsatzsteuer bereits im Zeitpunkt der Rechnungserstellung als Betriebseinnahme verbuchen und mit der nächsten Umsatzsteuer-Voranmeldung ans Finanzamt abführen. Falls Sie das Geld bis dahin noch nicht vom Kunden erhalten haben, müssen Sie die Umsatzsteuer vorfinanzieren.

Daneben gibt es aber auch die Möglichkeit, die Umsatzsteuer nach "vereinnahmten Entgelten" zu berechnen (Ist-Besteuerung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Hier entsteht die Umsatzsteuer erst mit Ablauf des Voranmeldezeitraums, in dem Sie das vereinbarte Entgelt tatsächlich erhalten haben. Der Unternehmer muss die Umsatzsteuer also erst dann an das Finanzamt abführen, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt hat. Im Vergleich zur Soll-Besteuerung hat der Unternehmer einen Liquiditätsvorteil.

Die Ist-Besteuerung ist möglich für

  • Gewerbetreibende, deren Gesamtumsatz im Vorjahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat,
  • Unternehmer, die von der Verpflichtung, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit sind,
  • Freiberufler unabhängig von der Höhe des Umsatzes (sofern keine Bücher geführt werden).

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 bei Gewerbetreibenden die Grenze für die Ist-Besteuerung von 500.000 EUR auf 600.000 EUR erhöht (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG, eingefügt durch das "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen").

 

2. Umsatzsteuer:
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für E-Books und digitale Produkte

In Deutschland gilt für Print- und (gedruckte) Presseerzeugnisse der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent, für digitale Ausgaben hingegen gilt bislang der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Diese Ungleichbehandlung war europarechtlich vorgegeben. Deutschland hat eine Änderung dieser Rechtslage schon seit langem gefordert. Der Rat der Europäischen Union hat dann Ende des vergangenen Jahres den Weg für die Angleichung frei gemacht.

AKTUELL wird der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % auch für E-Books, digitale Zeitungen und Zeitschriften sowie Periodika eingeführt (§ 12 Abs. 2 Nr. 14 UStG, eingefügt durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften"). Die Neuregelung gilt ab Veröffentlichung des Gesetzes (18.12.2019) und ist auf Umsätze anzuwenden, die ab diesem Tag ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG).

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt künftig für Veröffentlichungen in elektronischer Form, wenn sie funktional herkömmlichen Büchern, Zeitungen, Zeitschriften oder sonstigen Erzeugnissen entsprechen, die in Nr. 49 Buchstabe a bis e und Nr. 50 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1, 2, 12, 13 und 14 UStG bezeichnet sind. Die Steuerermäßigung gilt sowohl für die dauerhafte als auch für die zeitlich befristete Überlassung entsprechender Erzeugnisse. Hierzu zählen insbesondere Veröffentlichungen

  • ohne entsprechende Variante auf einem physischen Träger, z.B. reine Online-Publikationen,
  • in der Form von Websites, Apps oder anderen Anwendungen, mit oder ohne Downloadmöglichkeiten, auch als Einzelabruf aus einer Datenbank,
  • mit fortlaufender Ergänzung neuer Einzelbeiträge und unter Einschluss des Zugangs zu Einzelbeiträgen aus solchen Veröffentlichungen oder
  • in periodischer wie nichtperiodischer Erscheinungsform.
  • Begünstigt sind ebenfalls Tonaufzeichnungen der Lesung eines Buches (Hörbücher), wenn sie auf elektronischem Wege überlassen werden. Bislang ist die Begünstigung auf die Abgabe in Form eines Speichermediums beschränkt.

ACHTUNG: Erst kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes wurde der ermäßigte Umsatzsteuersatz ausgeweitet auf die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten. Durchsuchbarkeit, Filtermöglichkeit und Verlinkung stellen kein Ausschlusskriterium für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes dar. Von der Vergünstigung profitieren nun auch Datenbanken mit Sammlungen einer Vielzahl elektronischer Publikationen, wie zum Beispiel bei digitalen wissenschaftlichen Verlagsangeboten.

 

3. Umsatzsteuer:
Steuersenkung für Menstruationsprodukte

Die Fraktion DIE LINKE hat beantragt, die Umsatzsteuer für Menstruationsprodukte (u.a. Tampons, Binden) von 19 % auf 7 % abzusenken. Diese Produkte gelten als "Güter des täglichen Bedarfs", die unter den ermäßigten Umsatzsteuersatz fallen. Diesem Anliegen ist der Gesetzgeber gefolgt.

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 auf Produkte für Zwecke der Monatshygiene die Umsatzsteuer von 19 % auf 7 % abgesenkt (Nr. 55 in Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG, geändert durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften").

Die begünstigten Produkte sind explizit aufgelistet in "Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG" unter Nummer 55:

  • hygienische Binden (Einlagen) und Tampons aus Stoffen aller Art,
  • Hygienegegenstände aus Kunststoffen (Menstruationstassen, Menstruationsschwämmchen,
  • Waren zu hygienischen Zwecken aus Weichkautschuk (Menstruationstassen),
  • natürliche Schwämme tierischen Ursprungs (Menstruationsschwämmchen),
  • Periodenhosen (Slips und andere Unterhosen mit einer eingearbeiteten saugfähigen Einlage).

 

4. Betriebseröffnung:
Verpflichtende Anzeige ans Finanzamt ohne Aufforderung

Wer einen Gewerbebetrieb, einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder eine neue Betriebstätte eröffnet, muss dies der zuständigen Gemeinde mitteilen. Diese unterrichtet dann das jeweilige Finanzamt von dem Inhalt der Mitteilung. Wer eine freiberufliche Tätigkeit aufnimmt, hat dies direkt dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen (§ 138 Abs. 1 AO). Nach der Anmeldung wird der Neu-Unternehmer vom Finanzamt im Regelfall dazu aufgefordert, den "Fragebogen zur steuerlichen Erfassung" auszufüllen und darin weitere Auskünfte zu erteilen. Bisher wird dieses Formular meist in Papierform ausgefüllt.

Künftig wird derjenige, der einen Betrieb eröffnet oder eine freiberufliche Tätigkeit aufnimmt, per Gesetz verpflichtet, die Auskünfte zu erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen in einem vorgeschrieben Format elektronisch zu übermitteln (§ 138 Abs. 1b AO, geändert durch das "Dritte Bürokratieentlastungsgesetz").

Es gibt aber eine Härtefallregelung: Danach kann das Finanzamt auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine digitale Übermittlung verzichten. In diesem Fall sind die Auskünfte nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in Papierform abzugeben (§ 138 Abs. 1b Satz 3 AO).

Die Neuregelung tritt zwar am 1.1.2020 in Kraft. Doch wann sie konkret anzuwenden ist, bestimmt das Bundesfinanzministerium noch mittels BMF-Schreiben (Art. 97 § 27 Abs. 4 Einführungsgesetz zur AO).

Besonders wichtig: Künftig muss das Finanzamt nicht mehr zur Abgabe des Fragebogens mit den Auskünften über die maßgeblichen Verhältnisse auffordern, sondern der Steuerbürger ist hierzu per Gesetz verpflichtet. Er muss die Auskünfte nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle an die örtlich zuständigen Finanzämter übermitteln - und zwar unaufgefordert. Die Mitteilung muss innerhalb eines Monats nach Betriebseröffnung erfolgen (§ 138 Abs. 4 AO).

STEUERRAT: Weil die technischen und organisatorischen Vorbereitungen zur Umsetzung der elektronischen Mitteilung (§ 138 Abs. 1b Satz 2 AO) einige Zeit bedürfen, wird das BMF noch gesondert mitteilen, wann die Pflicht zur elektronischen Übermittlung weiterer Auskünfte erstmals anzuwenden ist. Bis dahin sind die Auskünfte wie bisher nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in Papierform abzugeben (Art. 97 § 27 Abs. 4 Einführungsgesetz zur AO).

 

5. GoBD:
Neue Richtlinien für die digitale Buchführung liegen vor

Laufende Geschäftsprozesse, Rechnungen, die Bestellung von Waren sowie das komplette Rechnungswesen sind heutzutage digital. Die Finanzverwaltung versucht, mit dem Tempo der Digitalisierung Schritt zu halten. Anfang 2015 hat sie daher die "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (kurz GoBD)" ins Leben gerufen. Nun hat das Bundesfinanzministerium die GoBD überarbeitet (BMF-Schreiben vom 28.11.2019, IV A 4 - S 0316/19/10003 :001). Die neuen GoBD gelten erstmals ab 2020. Es wird aber nicht beanstandet, wenn Sie die neuen Regeln auf Besteuerungszeiträume anwenden, die bereits vor dem 1.1.2020 endeten. Doch was ist neu?

Die wesentlichen Änderungen betreffen die "bildliche Erfassung von Papierdokumenten." So wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn etwa Reisekostenbelege mittels mobiler Geräte (z.B. Smartphones) direkt erfasst werden, und zwar auch dann, wenn die Belege im Ausland entstanden sind bzw. empfangen wurden. Arbeitnehmer können folglich bei einer Dienstreise im Ausland die Belege abfotografieren und ihrem Arbeitgeber senden, damit dieser auf Grundlage der Fotodateien abrechnet. Die Dateien müssen natürlich archiviert werden.

Neu ist auch, dass Cloud-Systeme - insbesondere für die Rechnungslegung - explizit in den Anwendungsbereich der GoBD einbezogen worden. Wer seine Buchführung also "online" führt, kann dies tun, muss aber die GoBD gleichermaßen beachten. Unternehmer mit einem "Online-Rechnungswesen" sollten unbedingt prüfen, ob die Server in Deutschland stehen. Bei der Inanspruchnahme von ausländischen Anbietern bzw. bei Servern im Ausland sind nämlich zusätzliche - strenge - Voraussetzungen zu beachten.

Glücklicherweise gibt es keine Verschärfung der Aufzeichnungspflichten für Einnahmen-Überschussrechner, Quartals- bzw. Jahreszahler sowie für Unternehmer mit umsatzsteuerfreien Umsätzen. Es stand zu befürchten, dass auch für die genannten Unternehmergruppen fortlaufende Verbuchungen innerhalb eines Monats zur Pflicht werden. Sie hätten also monatlich ihren Steuerberater aufsuchen müssen. Es reichen aber weiterhin zeitnahe Erfassungen der Geschäftsvorfälle aus.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Auch bei Einnahmen-Überschussrechnern etc. muss eine lückenlose und zeitgerechte Aufzeichnung ("Erfassung") der Geschäftsvorfälle erfolgen. Und: Auch in der elektronischen Buchführung ist grundsätzlich jeder Geschäftsvorfall inklusive aller relevanten Informationen aufzuzeichnen (z.B. Name des Geschäftspartners, Datum und konkrete Leistungsbeschreibung). Lediglich die abschließende Verbuchung muss nicht innerhalb eines Monats erfolgen.

Laut GoBD müssen buchführungs- bzw. aufzeichnungspflichtige Steuerpflichtige eine Verfahrensdokumentation erstellen, aus der Inhalt, Aufbau, Ablauf und Ergebnisse des Datenverarbeitungsverfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind. Nach Ansicht der Finanzverwaltung muss die Verfahrensdokumentation insbesondere folgende Punkte enthalten:

  • eine allgemeine, zusammenfassende Beschreibung der Prozesse der elektronischen Buchführung sowie der vorgelagerten Systeme (z.B. in einem kurzen Ablaufdiagramm oder einer Checkliste);
  • eine Anwenderdokumentation, das heißt, es müssen die Prozessschritte im Unternehmen dargestellt werden;
  • Handbücher bzw. Gebrauchsanweisungen der Haupt-, Vor- und Nebensysteme;
  • eine technische Systemdokumentation (hier sind Details zu der verwendeten Hard- und Software zu erfassen, und zwar inklusive einer Übersicht zur Historie der eingesetzten Programme);
  • eine Betriebsdokumentation, zum Beispiel eine Unternehmenspräsentation.

Hinsichtlich der Verfahrensdokumentation gibt es keine Entwarnung. Nach wie vor ist eine solche erforderlich. Kleinunternehmer und deren Berater können also nicht aufatmen, auch wenn sich weiterhin der Hinweis findet, dass die konkrete Ausgestaltung der Verfahrensdokumentation abhängig ist von der Komplexität und Diversifikation der Geschäftstätigkeit und der Organisationsstruktur sowie des eingesetzten Datenverarbeitungssystems. Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit nicht beeinträchtigt, liegt zwar kein formeller Mangel mit sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung führen kann. Dennoch kann niemandem empfohlen werden, auf eine Verfahrensdokumentation zu verzichten.

In Betrieben mit hohen Bargeld-Einnahmen, also insbesondere im Einzelhandel und der Gastronomie, erfolgen viele Zahlungen per EC-Karte. Die Praxis erfasst die EC-Kartenumsätze oftmals in der Kasse zunächst wie eine Bareinnahme. Alsdann werden die EC-Zahlungen dann wieder als Kassenausgang deklariert. Verunsicherung kam auf, als das Bundesfinanzministerium im Jahre 2018 verkündet hatte, dass EC-Kartenumsätze nicht in der Kasse aufgeführt werden dürfen. Später ist die Finanzverwaltung zurückgerudert. Danach gilt: "Die (zumindest zeitweise) Erfassung von EC-Kartenumsätzen im Kassenbuch ist ein formeller Mangel, der bei der Gewichtung weiterer formeller Mängel im Hinblick auf eine eventuelle Verwerfung der Buchführung nach § 158 AO regelmäßig außer Betracht bleibt. Voraussetzung ist, dass der Zahlungsweg ausreichend dokumentiert wird und die Nachprüfbarkeit des tatsächlichen Kassenbestandes jederzeit besteht. ...." Nunmehr ist dieser Grundsatz - ganz offiziell - in die GoBD übernommen worden. In Rz. 55 heißt es: "Eine kurzzeitige gemeinsame Erfassung von baren und unbaren Tagesgeschäften im Kassenbuch ist regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn die ursprünglich im Kassenbuch erfassten unbaren Tagesumsätze (z.B. EC-Kartenumsätze) gesondert kenntlich gemacht sind und nachvollziehbar unmittelbar nachfolgend wieder aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto aus- bzw. umgetragen werden, soweit die Kassensturzfähigkeit der Kasse weiterhin gegeben ist."

HINWEIS: Die GoBD sehen vor, dass Sie einem Außenprüfer des Finanzamts auch alle zur Auswertung Ihrer Daten notwendigen Strukturinformationen bereitstellen müssen, und zwar in maschinell auswertbarer Form, also etwa auf einem USB-Stick. Die angeforderten Strukturinformationen sind jedoch vor allem kleineren und mittleren Unternehmen häufig nicht bekannt. Da gerade die Datenträgerüberlassung dem geprüften Unternehmen erhebliche Probleme bereiten kann, hat das BMF zusätzlich zu den GoBD Informationen zur Datenträgerüberlassung als Hilfe bereitgestellt. Aber zugegeben: Viel Licht ins Dunkel bringt die - in typischem Behördendeutsch abgefasste Hilfe - wohl nicht. Wer sie aber trotzdem einsehen möchte, findet sie hier .

Weitere Informationen: GoBD: Sieben Regeln zur Umsetzung der digitalen Buchführung

 

IX. Soziales

1. Krankenversicherung:
Höhere Freigrenze für beitragsfreie Familienversicherung

In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind Familienangehörige beitragsfrei mitversichert, wenn ihr Gesamteinkommen regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreitet. Da die Bezugsgröße sich meist jährlich ändert, ändert sich folglich auch die Einkommensgrenze für die beitragsfreie Versicherung von Familienangehörigen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Jahre 2019 beträgt die Einkommensgrenze 445 EUR monatlich.

AKTUELL steigt zum 1.1.2020 die unschädliche Einkommensgrenze von 445 EUR auf 455 EUR, weil die Bezugsgröße von 3.115 EUR auf 3.185 EUR angehoben wird. Dieser Wert gilt in West und Ost.

Falls der oder die Familienangehörige eine geringfügige Beschäftigung ausübt, durfte bisher das zulässige Gesamteinkommen die Minijob-Grenze von 450 EUR nicht übersteigen. Da aber nun erstmals die "allgemeine Einkommensgrenze" höher ist als die "Minijob-Grenze", dürfte u.E. nun die Grenze von 455 EUR maßgeblich sein.

STEUERRAT: Die Einkommensgrenze von 455 EUR bzw. 450 EUR darf dreimal im Jahr überschritten werden, ohne dass deswegen die beitragsfreie Familienversicherung verloren geht. Diese Befristung wird aufgehoben und die Regelung unbefristet verlängert. Falls die Einkommensgrenze jedoch mehrfach überschritten wird, besteht die Möglichkeit, sich in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig zu versichern.

Weitere Informationen: Kranken- und Pflegeversicherung: Beitragsfreie Familienversicherung

 

2. Arbeitslosenversicherung:
Geringfügige Absenkung des Beitragssatzes

Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung müssen nur von einem Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt werden. Darüber hinausgehende Einkommensteile unterliegen nicht der Beitragspflicht. Der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung wurde zum 1.1.2019 von 3,0 Prozent auf 2,5 Prozent abgesenkt.

Per Gesetz war eine dauerhafte Senkung auf 2,6 Prozent vorgesehen, und mit einer Verordnung sollte befristet bis Ende 2022 eine weitere Absenkung um 0,1 Prozentpunkte erfolgen ("Beitragssatzverordnung 2019" vom 18.12.2018).

AKTUELL wird zum 1.1.2020 der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung vorübergehend bis 2022 von 2,5 Prozent auf 2,4 Prozent abgesenkt. Ab 2023 steigt er dann wieder - wie bereits vorgesehen - auf 2,6 Prozent ("Erste Verordnung zur Änderung der Beitragssatzverordnung 2019" vom 2.12.2019).

 

3. Arbeitslosenversicherung:
Erleichterter Zugang zu Arbeitslosengeld I

Um Arbeitslosengeld I beziehen zu können, muss eine bestimmte Anwartschaftszeit erfüllt sein. Diese ist erfüllt, wenn in der Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens zwölf Monate lang eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde (§§ 142, 143 SGB III).

AKTUELL wird ab dem 1.1.2020 der Anspruch auf Arbeitslosengeld I erleichtert, indem die Rahmenfrist von 24 auf 30 Monate erweitert wird. Künftig genügt es, wenn innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate lang Beiträge gezahlt wurden (§ 142 Abs. 1 SGB III, geändert durch das "Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung" vom 18.12.2018).

Besondere Regelung für kurz befristete Beschäftigungen

Der Zugang zum Arbeitslosengeld I ist leichter für Personen, die häufig nur kurzfristig beschäftigt sind, insbesondere für Künstler, Schauspieler, aber auch für Berufsanfänger mit befristeten Jobs: Sie können derzeit bereits nach einer Anwartschaftszeit von 6 Monaten - anstatt erst nach 12 Monaten - Arbeitslosengeld I erhalten. Ansonsten hätten viele, bei denen sich kurze Arbeits- und Arbeitslosigkeitsphasen abwechseln, kaum eine Chance, Arbeitslosengeld zu beziehen. Sie zahlten zwar Beiträge, kämen aber nie auf die nötigen Vorversicherungszeiten. Diese Regelung gilt befristet bis zum 31.7.2021 (§ 142 Abs. 2 SGB III).

AKTUELL wird die Sonderregelung für überwiegend kurz befristete Beschäftigungen verlängert bis zum 31.12.2022 (§ 142 Abs. 2 SGB III, geändert durch das "Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung" vom 18.12.2018).

 

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