Wer seinen Firmenwagen auch privat nutzen darf, muss einen Privatanteil versteuern. Dieser wird entweder pauschal nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung ermittelt oder per - ordnungsgemäßem - Fahrtenbuch. Naturgemäß gibt es mit dem Finanzamt immer wieder Streit zu der Frage, wie detailliert die Aufzeichnungen in einem Fahrtenbuch sein müssen und welche Mängel noch verzeihlich sind. Nun gibt es ein sehr interessantes Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts.

Der Bundesfinanzhof hatte bereits mit Urteil vom 10.4.2008 (BStBl 2008 II S. 768) wie folgt entschieden: Ebenso wie eine Buchführung trotz einiger formeller Mängel aufgrund der Gesamtbewertung noch als formell ordnungsgemäß erscheinen kann, führen kleinere Mängel nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und zur Anwendung der Ein-Prozent-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind. Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist.

AKTUELL hat das Niedersächsische Finanzgericht die Rechtsprechung in diesem Sinne fortgeführt (Urteil vom 16.6.2021, 9 K 276/19):

  • Kleinere Mängel und Ungenauigkeiten führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind. Solche geringen Mängel waren im Streitfall die Verwendung von Abkürzungen für Kunden und Ortsangaben, fehlende Ortsangaben bei Übernachtungen im Hotel, Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und laut Routenplaner, keine Aufzeichnung von Tankstopps.
  • Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist.
  • Dem Finanzamt ist zuzumuten, fehlende Angaben zu Hotelübernachtungen aus vorliegenden Reisekostenunterlagen zu ermitteln, sofern es sich nur um vereinzelte Fälle handelt.
  • In der Regel müssen die Angaben zu den Kilometerständen sofort, das heißt am Ende jeder Fahrt gemacht werden. Nur Präzisierungen des beruflichen Zwecks dürfen gegebenenfalls noch innerhalb einer Woche nachgeholt werden. Die Indizwirkung, die von fehlenden Gebrauchsspuren und einem gleichmäßigen Schriftbild eines Fahrtenbuches in Bezug auf eine unzulässige Nacherstellung ausgeht, kann vom Steuerpflichtigen entkräftet werden. Anmerkung: Der Kläger konnte glaubhaft versichern, dass er regelmäßig nur einen Stift verwendet, der mit dem Fahrtenbuch im Kfz aufbewahrt wird.
  • Die Anforderungen an das ordnungsgemäße Führen eines Fahrtenbuches dürfen nicht überspannt werden, damit aus der widerlegbaren Typisierung der Ein-Prozent-Regelung in der Praxis nicht eine unwiderlegbare Typisierung wird. Gerade im Hinblick auf die stark typisierende Ein-Prozent-Regelung wäre dies aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu rechtfertigen.

STEUERRAT: Auch wenn die Entscheidung des Niedersächsischen FG zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist, sollte sie nicht als Freibrief verstanden werden. Andere Finanzgerichte urteilen nämlich durchaus strenger. Das FG Köln zum Beispiel sieht eine fehlende Hotelanschrift durchaus als gewichtigen Mangel (Urteil vom 15.9.2016, 10 K 2497/15). Und auf jeden Fall sollte ein Abgleich der Angaben in den Fahrtenbüchern mit Tank-, Werkstatt- oder Bewirtungsbelegen keine Unregelmäßigkeiten zutage fördern. Ein Wort noch zu elektronischen Fahrtenbüchern: Diese sind zulässig, doch auch hier müssen die Fahrtanlässe zeitnah erfasst werden. Zudem dürfen die Daten nach der Erfassung und Speicherung später nicht mehr änderbar sein (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.1.2019, 3 K 107/18). Zumindest muss die Änderung nachvollziehbar und die alten, geänderten Daten müssen noch abrufbar sein.

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