Bis zum 31.12.2020 konnten Ehepaare, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt hatten, die Zusammenveranlagung beantragen - und zwar rückwirkend bis zum Beginn der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dies war auch dann möglich, wenn die Steuerbescheide bereits bestandskräftig waren. Voraussetzung war aber, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum 31.12.2019 in eine Ehe umgewandelt wurde. Der Vorteil der Zusammenveranlagung liegt in der Gewährung des so genannten Splittingtarifs, der insbesondere Paare mit unterschiedlich hohen Einkünften begünstigt. Was aber gilt, wenn die Lebenspartnerschaft erst nach dem 31.12.2019 in eine Ehe umgewandelt wurde?

AKTUELL hat das Finanzgericht Sachsen sensationell entschieden, dass die rückwirkende Zusammenveranlagung ab Begründung der Lebenspartnerschaft (im Urteilsfall in 2006) auch dann möglich ist, wenn die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe erst nach dem 31.12.2019 (und zwar am 4.7.2020) beantragt wurde (Sächsisches FG, Urteil vom 13.6.2023, 2 K 209/23).

  • Der Fall: Zwei Frauen leben seit dem 5.8.2006 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Am 8.5.2020 geben sie eine Erklärung dazu ab, dass die Lebenspartnerschaft in eine Ehe überführt werden soll. Die bisher getrennt veranlagten Frauen beantragen am 14.7.2020 beim Finanzamt, sie in den Jahren 2006 bis 2009 gemeinsam zu veranlagen. Das Finanzamt lehnt ab, weil die o.g. Frist zur Umwandlung (31.12.2019) überschritten ist.
  • Nach Auffassung der Richter stellt die Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe ein "rückwirkendes Ereignis" gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar, das die Zusammenveranlagung mit dem vorteilhaften Splittingtarif ermöglicht.
  • Auch wenn eingetragene Lebenspartner erst im Jahr 2020 rückwirkend ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, können sie die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer auch für bereits bestandskräftig einzelveranlagte Jahre (hier: 2006-2009) verlangen. Die im Gesetz (Art. 97 § 9 Abs. 5 AO) angeordnete Frist zur Umwandlung stehe dem nicht entgegen.
  • Gegen das Urteil liegt die Revision beim Bundesfinanzhof unter dem Az. III R 18/23 vor. Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.

STEUERRAT: Die nachträgliche Gewährung des Splittingtarifs führt zu einer Steuererstattung. Auf diese Erstattung gibt es dann auch Erstattungszinsen in Höhe von damals satten 6 Prozent p.a. Der Zinslauf begann 15 Monate nach Ablauf des Jahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten war. Und das war die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in die Ehe (§ 233a Abs. 2a AO).

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