
Wird die Erhaltungsrücklage ausnahmsweise für Maßnahmen verwendet, die zu Herstellungskosten führen, sind nur die entsprechenden Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten abziehbar. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main hat darauf hingewiesen, dass diese Grundsätze auch nach der Neuregelung im WEG gelten (OFD Frankfurt/M., Verfügung vom 9.11.2022, S 2211 A - 12 - St 214; vgl. SteuerSparbrief März 2023).
AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die bisherigen Grundsätze zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erhaltungsrücklage weiter anzuwenden sind. Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage sind also auch nach der Novellierung des WEG nicht im Zeitpunkt ihres Abfluss beim Wohnungseigentümer als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern erst bei der Verausgabung durch den Verwalter (BFH-Urteil vom 14.1.2025, IX R 19/24).
- Der Fall: Die Kläger vermieteten mehrere Eigentumswohnungen. Das von ihnen an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrückstellung bzw. -rücklage) zugeführt. Das Finanzamt sah in dieser Zuführung zur Rücklage keine Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften. Der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg.
- Begründung: Der Werbungskostenabzug fordert einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Eigentümers. Die Kläger hatten das Hausgeld zwar in die Erhaltungsrücklage eingezahlt und konnten hierauf nicht mehr zugreifen, da das Geld ausschließlich der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört. Auslösendes Moment für die Zahlung war aber nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken. Ein Zusammenhang zur Vermietung entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt. Erst dann kommen die Mittel der Immobilie zugute. Weder die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach der Reform des WEG noch die Qualifikation der Erhaltungsrücklage als Gemeinschaftsvermögen im Sinne von § 9a Abs. 3 WEG ändern etwas an dieser Auffassung. Im Stadium der Zahlung des Hausgeldes ist noch gar nicht absehbar, ob, wann und in welcher Höhe welche Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchgeführt werden.
- Diese Ansicht führt (auch dann) zu folgerichtigen Ergebnissen, wenn im zeitlichen Nachgang zur Zuführung von Mitteln zur Erhaltungsrücklage Veränderungen im Eigentumsrecht oder in den Nutzungsverhältnissen eintreten. Veräußert der in die Rücklage einzahlende Wohnungseigentümer sein Eigentum vor Durchführung der Erhaltungsmaßnahme, bleibt ihm zwar endgültig ein Werbungskostenabzug verwehrt. Er wird aber im Regelfall einen Ausgleich vom Erwerber für den Rücklagenbestand erhalten. Auch ist die Auffassung zutreffend, wenn die Wohnung zum Zeitpunkt der Durchführung von aus der Rücklage finanzierten Erhaltungsmaßnahmen entweder nicht mehr oder aber inzwischen zur Einkünfteerzielung genutzt wird. Nur im zweitgenannten Fall sind die verausgabten Mittel als Werbungskosten abziehbar. Ein zeitlich vorgelagerter Abzug wäre im erstgenannten Fall zur Vermeidung unzutreffender Ergebnisse nachträglich zu korrigieren. Ein zeitlich nachgelagerter Werbungskostenabzug vermeidet zudem mögliche steuerliche Gestaltungen - gerade bei Wohnungseigentümergemeinschaften mit geringer Mitgliederanzahl - durch nicht notwendig hohe Zuführungen zur Erhaltungsrücklage.
STEUERRAT: Zur Grunderwerbsteuer hat der BFH entschieden, dass der vereinbarte Kaufpreis für den Verkauf einer Eigentumswohnung als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gilt. Er darf nicht um die anteilige Instandhaltungsrücklage gemindert werden (BFH-Urteil vom 16.9.2020, II R 49/17). Für die Einkommensteuer indes hält der BFH eine andere Sichtweise für geboten. Das Grunderwerbsteuerrecht orientiert sich am Zivilrecht, beim Einkommensteuerrecht hingegen ist eine wirtschaftliche Sichtweise geboten. Eine deckungsgleiche Beurteilung vergleichbarer Vorgänge im Grunderwerbsteuerrecht und Einkommensteuerrecht sei nicht geboten.
STEUERRAT: Bei eigengenutzten Wohnungen können Aufwendungen für Handwerkerleistungen direkt von der Steuerschuld abgezogen werden, und zwar bis zu 6.000 EUR mit 20 Prozent, höchstens 1.200 EUR im Jahr (§ 35a Abs. 3 EStG). Allerdings gilt auch hier, dass die - pauschale - Zuführung zur Erhaltungsrücklage zunächst steuerlich ohne Belang ist. Es ist vielmehr erforderlich, dass die auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Aufwendungen für Handwerkerleistungen entweder in der Jahresabrechnung gesondert aufgeführt oder durch eine Bescheinigung des Verwalters nachgewiesen sind. Wenn einmalige Kosten durch eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden, können die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Rücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden (BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl 2014 I S. 75).
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